Denkmäler in Wuppertal

Am 21. September hatte ich das Vergnügen in der Politischen Runde der Bergischen Volkshochschule diesen Blog und einige Denkmäler vorzustellen und dann darüber zu diskutieren. Es macht wenig Sinn an dieser Stelle den Vortrag einzustellen, schließlich kennt der geneigte Leser die Denkmäler schon zur Genüge. Dennoch möchte ich kurz meine statistische Auswertung, die Auswahl der vorgestellten Denkmäler und meine Kommentare dazu hier veröffentlichen.


(Stand der Recherche 14.9.2015)

Errichtungen vor 1870, in der Zeit des Kaiserreiches, der Weimarer Republik, des Nationalsozialismus, der Bundesrepublik und seit der deutschen Einheit.

Zur besseren Vergleichbarkeit die Epochen hier noch einmal mit Einberechnung der jeweiligen Dauer. Denkmälererrichtungen pro Jahr.

4 Kategorien lassen sich unter den Denkmälern ausmachen.

Für Lokalpatrioten: die Aufschlüsselung nach den Städten von 1929.

Folgende Denkmäler habe ich im Impuls-Vortrag vorgestellt:

Das Dank-Monument ist Wuppertals ältestes Denkmal, gehört aber nicht zu den klassischen. Es steht nicht im öffentlichen Raum, sondern im Raum der Gemeinde, die zweifellos Anfangs des 18. Jahrhunderts noch eine andere öffentliche Rolle spielte als heute. Es steht in religiösem und nicht im politischen Kontext und richtet sich, da auf Latein verfasst, nicht an ein breites Publikum, wenngleich Latein natürlich die Weltsprache der damaligen Zeit war.

 

Das Drei-Kaiser-Denkmal ist ein Protoyp der Denkmäler des 19. Jahrhunderts. Das Bürgertum löste die Aristokratie als Stifter ab und eroberte den öffentlichen Raum. Ein geschichtliches Ereignis wird interpretiert und diese Interpretation öffentlich festgeschrieben. Die „Ächt deutsche Gesinnung“ der Begründer der Eichengesellschaft verweist auf den Beginn der Nations-Idee. Der Baum als Symbol der Heimatverwurzelung und Beständigkeit, speziell die Eiche als deutsches Nationalsymbol, werden gerne genutzt.
Heutzutage ist der undifferenzierte Umgang mit diesem Denkmal typisch. Erst befragt man die Kommission für die Kultur des Erinnerns, verwirft deren Stellungnahme dann aber in einer Hau-Ruck-Aktion im Rat. Schließlich entdeckt man bei der Einweihung, dass Russland als Stifter doch problematischer ist, als man gedacht hat. Es macht den Anschein, als habe man über die Bedeutung und Symbolik von Denkmal und Restauration nicht gründlich nachgedacht.

 

Das reiche allegorische Programm, die Überlebensgröße und die Stiftung aus dem Bürgertum sind typisch für das ausgehende 19. Jahrhundert. Das Bürgertum legitimiert mit der Stiftung die Herrschaft, aber auch sich selbst als Teil der Elite der Gesellschaft. Es verdeutlicht auch die wirtschaftliche Prosperität der Stadt, dass man in Elberfeld zwei solche Monumental-Denkmäler in einem Jahr errichten konnte.

 

Das Heine-Denkmal ist typisch und untypisch für das 19. Jahrhundert. Typisch ist die Ehrung eines Dichters zum Ansehen der Nation, die Erhebung der Bürgerlichen in einen denkmalwürdigen Stand.
Ungewöhnlich war die Wahl der Person Heinrich Heines, der bis in die 1980er Jahre in Deutschland sehr zwiespältig beurteilt wurde. Für die einen ein begnadeter Dichter und Demokrat, für die anderen Vaterlandsverräter und Jude, Anti-Demokrat, schlechter Dichter. In den 1890er Jahren verhinderte der in Deutschland existierende Antisemitismus ein großes Heine-Denkmal in Düsseldorf, seiner Geburtsstadt. So war das Wuppertaler Heine-Denkmal das älteste in Deutschland, aber auch hier existierte es nur als private Stiftung. Ein Denkmal handelt auch immer aus, was sagbar ist und wer denkmalwürdig ist. Heinrich Heine war es im deutschen Kaiserreich nicht.

Zwei Aspekte sind an diesem Denkmal interessant: die Entstehung mitten im Ersten Weltkrieg und die Hindenburg Propaganda und dass es heute komplett vergessen ist: ein Zeichen einer vergangenen Zeit. Den Anspruch, bis in die Ewigkeit zu wirken, hat es nicht eingelöst.

Stellvertretend für die 88 Kriegerdenkmäler, die nach dem Ersten Weltkrieg im Wuppertal entstanden, steht das Cronenberger Kriegerdenkmal. Ungewöhnlich in der architektonischen Form (Pyramide) und der trauernden Frauengestalt, ohne alles Militärische, typisch hingegen die Namenstafeln, die an jeden einzelnen Gefallenen erinnern sollen. Seit der Französischen Revolution gibt es das Kriegerdenkmal der Neuzeit, seitdem nicht mehr Söldner für einen Fürsten kämpfen, sondern Wehrpflichtige für „ihre“ Nation. Einen besonderen Boom erlebte es zwischen den Weltkriegen.

 

Das Denkmal hat eine durchaus wechselvolle Geschichte. Als es zuerst errichtet wurde, war es qualitativ mangelhaft und schnell eher unbeachtet. Ab 1958 gedachte man dann am 20. Juli den Verfolgten des Nazi-Regimes, bis in die 1970er Jahre am Denkmal. Der Widerstand des 20. Juli, der wie wir heute wissen anti-demokratisch war, wurde als Ermöglichung der Rückkehr in die Völkergemeinschaft gefeiert. Er war ein wichtiger Teil des Selbstbildes der Bundesrepublik. Immer wieder diente das Denkmal auch als Kundgebungsort. 1983 hatte Oberbürgermeister Gurland am Denkmal den 8. Mai 1945 bereits als „Tag der Befreiung von der Diktatur“ bezeichnet, dafür sollte Bundespräsident v. Weizsäcker 1985 bekannt werden. Positiv sind sicher die Versuche der Aktualisierung durch den Verein zur Erforschung der sozialen Bewegung.

 

 Dieses Denkmal-Ensemble habe ich vorgestellt, da ich vor dieser Institution gesprochen habe. Zum Schluss kam dann die Kritik am
worüber auch sehr angeregt diskutiert wurde. Siehe auch: Neuschöpfung des Figurenschmucks am Elberfelder Rathaus: Mein Standpunkt
Fazit:
Denkmäler sind interessante Studienobjekte, sie spiegeln wie ein Prisma die Gedanken und Ideen ihrer Stifter, aber weniger das reale historische Ereignis. Man kann aber die Wirkung der Denkmäler anzuzweifeln. Der Schriftsteller Robert Musil sagte einmal: „Das Auffallendste an Denkmälern ist nämlich, daß man sie nicht bemerkt. Es gibt nichts auf der Welt, was so unsichtbar wäre wie Denkmäler.“ Ob das stimmt? Ich bin mir nicht sicher. Aber wissen Sie, welches Denkmal vor dem Eingang der VHS steht? [Die Frage wurde von mehreren Personen prompt richtig beantwortet: Es ist das Helene-Stöcker-Denkmal]

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