Der Gerechtigkeitsbrunnen (2012)

Am 30.Juli 1910 wurde auf dem damaligen Exerzierplatz, dem heutigen Platz der Republik, am Ostersbaum der von Freiherr August von der Heydt gestiftete Gerechtigkeitsbrunnen eingeweiht. Während die drei eisernen Löwen und die Brunnenschale aus Muschelkalk die Zeiten überdauerten, wurde die stadtbildprägende Figur Bernhard Hoetgers von den Nationalsozialisten eingeschmolzen.1


Der Gerechtigkeitsbrunnen auf einer undatierten Fotografie. Stadtarchiv Wuppertal, 19.4

Im Oktober 2011 kündigte der Wuppertaler Mäzen Hans-Joachim Camphausen an, dass die Figur rekonstruiert werden sollte. Mit Hilfe von Spenden hatte Camphausen bereits die Rekonstruktion des Ritters von Elberfeld und der Figuren Wahrheit und Gerechtigkeit am Elberfelder Rathaus (2010) und des Armenpflege-Denkmals (2011) in Zusammenarbeit mit dem Kunst- und Museumsvereins Wuppertal organisiert. Die Kosten für die Rekonstruktion betrugen laut der Prognose im Okotber 2011 175.000 €. Neben der Bedeutung des Kunstwerks führte Camphausen gegenüber der WZ noch eine weitere Begründung für die Wahl des Brunnens als nächstes Projekt an: „Der rekonstruierte Brunnen wäre ein Zeichen der Wertschätzung für die viele Arbeit, die von Ehrenamtlichen und Vereinen zur Aufwertung des Stadtteils geleistet wird.“2


Der Brunnen nach der Restauration, am Tag bevor die Figur ihren Platz wieder einnahm.

Am Bauzaun zeigt sich Vorfreude…

.. und Mahnung. Der Ostersbaumer Konsens.

Der alte „Gib mich Honig Rap“ (s.u.)

Am 19.Juni 2012 wurde die neue vier Meter hohe Figur auf den zuvor renovierten Brunnen gesetzt.3 Dabei wurde ein Restaurationsfehler von 1955-1957 nicht rückgängig gemacht. Damals wurde das Stiftungsschild in den Pranken eines Löwen durch ein Wappen der Stadt Wuppertal ersetzt.


Das falsche Wuppertaler Wappen.

Beim Vergleich mit den historischen Bilder fällt außerdem auf, dass die Figur um 90° gedreht wurde und nun Richtung Hagenauer Straße blickt, exakt über einem Löwen stehend. Früher sah sie zur heutige Straße „Platz der Republik“. Hergestellt wurde sie von der Gießerei Kayser in Düsseldorf, deren Bildhauer Schwan Kamal für die Rekonstruktion verantwortlich zeichnet. Darüber hinaus speit der neue Basilisk kein Wasser mehr.


Der neue Gerechtigkeitsbrunnen nach der Einweihung.

Am 24. Juni 2012 wurde um 11 Uhr auf dem Platz der Republik die neue Figur der Adorantin (Anbetenden) eingeweiht.


Zunächst sprach der Oberbürgermeister zu den ca.100 Bürgern, die sich auf dem Platz der Republik versammelt hatten. Er betonte die Initiative der Bürgerschaft, die wichtig sei in einer Stadt mit desolater Finanzlager und dankte allen Sponsoren, die dieses Wunder geschaffen haben. Besonderer Dank ging natürlich an den Initiator Hans-Joachim Camphausen, an dessen vorige Werke – den Ritter von Elberfeld am dortigen Rathaus und das Armenpflegedenkmal – der Oberbürgermeister noch einmal erinnerte. Außerdem dankte der Oberbürgermeister, währenddessen leichter Regen einsetzte, dem Vorsitzenden des Kunst- und Museumsvereins, Dr. Joachim Schmidt-Hermesdorf, dessen 1.500 Mitglieder sich besonders für die Erneuerung der Statue einsetzten. Jung erklärte, dass der Platz der Republik und das Viertel eine großartige Entwicklung genommen hätten, dank des Abrisses des Bunkers und des Nachbarschaftsheim. Er hoffe, die Figur bleibe von Vandalismus verschont und sei gespannt, das richtete er an Camphausen, was als nächstes komme.


Für die musikalische Begleitung sorgte der Internationale Chor der Else-Lasker-Schüler-Gesamtschule, der anschließend das Lied „Oh, Happy Day“ zum Besten gab. Dann sprach der Vorsitzende des Kunst- und Museumsvereins, Dr. Joachim Schmidt-Hermesdorf, der an den ursprünglichen Stifter, Freiherr August von der Heydt, erinnerte und seine Geleitworte zur Einweihung im Jahr 1910 zitierte und damit auch an den „Geist der Gerechtigkeit“, den der „Gerchtigkeitsengel“ verkörpere. Daraus sei im Volksmund die Bezeichnung „Engel“ geworden, eine von vielen Namen, die man am Ostersbaum der Figur gegeben hatte. Der Gerechtigkeitsbrunnen möge allen Bürgern an die Verantwortung gegenüber seinem Nächstem erinnern, dem man gerecht begegnen sollte. Außerdem appellierte er an die Bürger sich für ihre Stadt zu engagieren. Das Wasser des Brunnens symbolisiere die Gerechtigkeit. Schmidt-Hermesdorf dankte dem Bildhauer Schwan Kamal für die Rekonstruktion der Hoetgerschen Adorantin.


Nachdem eine Schülerin des Internationalen Chors der Else Lasker-Schüler-Gesamtschule ein selbst-komponiertes Lied mit den Titel „Leben“ vorgetragen und dem Regen getrotzt hatte, sprach dann der Initiator Hans-Joachim Camphausen. Er hatte viel Lob und Dank für die erfolgreiche
Zusammenarbeit zu verteilen und nannte die zahlreichen Spender und unter ihnen besonders den Kunst- und Museumsverein, eine „ältere Dame in Hamburg“ die bedingungslos die Urheberrechte zur Verfügung stellte, Dr. Flunkert und seinen Mitarbeitern vom Gebäudemanagement, Rolf Kayser von der Gießerei Kayser, dem dort wirkenden Bildhauer Schwan Kamal, dessen schwere Aufgabe er noch einmal betonte, da er anhand von schlechten Fotos die Figur rekonstruieren musste. Außerdem dankte er dem Steinbildhauer Müller für die noch schwierigere Rekonstruktion des Basilisken, für die sich der Bildhauer in den „Geist Hoetgers“ einarbeiten musste. Darüber hinaus bedankte sich Camphausen bei den Restauratoren, den Bauarbeitern, dem Kranführer, dem Statiker und dem Büro des KMVs. Dann beendete er seine Ansprache und kehrte aber noch einmal zurück, als er bemerkte, dass er vergessen hatte, die zwei Schüler der Else-Lasker-Schüler-Gesamtschule zur Enthüllung der Figur aufzufordern.


Um 11:32 Uhr…

fielen die Hüllen.

Der neue Basilisk, der kein Wasser mehr speit.

Dann folgte eine aktualisierte Version des „Gib mich Honig Raps“ des Chors, dessen ursprünglicher Liedtext (siehe Bild oben) auf eine Begegnung mit Seniorinnen zurückging, die von der verlorenen Figur erzählten und berichteten, dass sie als „Gib mich  Honig-Figur“ verspottet hätten und mitunter auch leere Honigtöpfe an der Figur hingen, als würde es Manna regnen. Andere Namen, so der Chorleiter, waren „Alma“ oder „Regnet’s noch Mädchen“.


Der Brunnen mit Blick Richtung Hagenauer Straße.

Die Einweihung des Brunnens im Jahr 1910. Der Basilisk spuckt Wasser in das Brunnenbecken. Sammlung Historisches Zentrum, 010/10/15

Abschließend bedankte sich Gabriele Kamp als Vertreterin vom Verein Nachbarschaftsheim Wuppertal stellvertretend für die Nachbarschaft  für die Wiederherstellung der Figur und versprach, sich um den neuen Gerechtigkeitsbrunnen zu kümmern, dessen Wasser nun wieder angestellt wurde.


Der Kopf der „Alma“, des „Engels“, des „Regnet’s noch Mädchens“, der Adorantin.

Position des Brunnens auf der Karte


Fußnoten:

  1. Siehe Eintrag: Der Gerechtigkeitsbrunnen (1910)
  2. Florian Launus, Gerechtigkeitsbrunnen: Eine Schönheit kehrt zurück, in WZ-online vom 12.Oktober 2011 (abgerufen am 25.Juni 2012).
  3. Florian Launus,  Gerechtigkeitsbrunnen: Wiedersehen mit einer alten Dame, in WZ-online vom 19.Juni 2012 (abgerufen am 25.Juni 2012)

veröffentlicht am:

zuletzt geändert: