Gedenktafel zur Erinnerung an die nationalsozialistische Bücherverbrennung und Bibliothekssäuberung

Am 23. April des Jah­res 2004, dem “UNESCO Welt­tag des Buches”, wur­de von Bür­ger­meis­ter Peter Jung — in Ver­tre­tung des Ober­bür­ger­meis­ters Dr. Kre­men­dahl1 — und Kul­tur­de­zer­nen­tin Mar­lis Dre­ver­mann2 an der Zen­tral­bi­blio­thek in der Kol­ping­stra­ße eine Gedenk­ta­fel (“Denk-Zei­chen”) zur Erin­ne­rung an die natio­nal­so­zia­lis­ti­sche Bücher­ver­bren­nung und “Säu­be­rung” der Biblio­the­ken ent­hüllt. Anwe­send war als Ver­tre­ter der jüdi­schen Gemein­de auch Rab­bi­ner Bar­ruch Rabi­no­witz.3 Vor­her hat­te die Schau­spie­le­rin Judith Gen­s­ke in einer lite­ra­ri­schen Lesung unter ande­rem Tex­te von Hein­rich und Tho­mas Mann, Kurt Tuchol­sky, Irm­gard Keun, Else Las­ker-Schü­ler und Armin T. Weg­ner vor­ge­tra­gen.4 Zur Ent­hül­lung erklär­te Bür­ger­meis­ter Peter Jung, Ver­nich­tung von Lite­ra­tur sei das Schlimms­te, was einer Gesell­schaft pas­sie­ren kön­ne. Die Besu­cher der Zen­tral­bi­blio­thek soll­ten dar­an erin­nert wer­den, dass sie die Frei­heit besä­ßen, an die­sem Ort aus­zu­lei­hen, was immer sie woll­ten.5


Die Gedenk­ta­fel

Unter zwei zeit­ge­nös­si­schen Bil­dern, die die Bücher­ver­bren­nung auf dem Brau­sen­wert­her Platz in Elber­feld und dem Rat­haus­platz in Bar­men, sowie einen Biblio­the­kar bei der “Säu­be­rung” der Buch­be­stan­des zei­gen, erklärt die schlich­te Tafel:

“Am 1.April insze­nier­ten die Natio­nal­so­zia­lis­ten auf dem Rat­haus­vor­platz in Bar­men und am Döp­pers­berg in Elber­feld öffent­li­che Bücher­ver­bren­nun­gen, die von Leh­rern und Schü­lern der Wup­per­ta­ler Ober­schu­len orga­ni­siert und durch­ge­führt wur­den. Die Stadt­bi­blio­thek Wup­per­tal war ab Früh­jahr 1933 mehr­mals Schau­platz natio­nal­so­zia­lis­ti­scher “Säu­be­rungs­ak­tio­nen”. Damit soll­te die soge­nann­te “undeut­sche” Lite­ra­tur aus den Büche­rei­be­stän­den “aus­ge­merzt” wer­den. Anfang 1936 wur­den bei einer sol­chen Akti­on mit Hil­fe von “Schwar­zen Lis­ten” mehr als 26.000 Bücher ausgesondert.
Der ideo­lo­gi­sche Hass und die Ver­bo­te rich­te­ten sich grund­sätz­lich gegen Autoren jüdi­scher Her­kunft sowie gegen alle Schrift­stel­ler, deren Wer­ke die Ideen der Moder­ne ver­kör­per­ten und die pazi­fis­tisch oder poli­tisch links ori­en­tiert waren. Zu den ver­folg­ten Intel­lek­tu­el­len gehör­ten u.a. Ber­tolt Brecht, Alfred Döblin, Sig­mund Freud, Erich Käs­t­ner, Irm­gard Keun, Hein­rich und Tho­mas Mann, Erich Maria Remar­que, Anna Sag­hers, Kurt Tuchol­sky und die Wup­per­ta­ler Autoren Else Las­ker-Schü­ler und Armin T. Wegner.
Die Bücher­ver­bren­nun­gen und Biblio­theks­säu­be­run­gen der Natio­nal­so­zia­lis­ten ziel­ten auf die Zer­stö­rung einer an Huma­ni­tät und Auf­klä­rung ori­en­tier­ten deut­schen und euro­päi­schen Kul­tur. In ihrer Fol­ge wur­den zahl­rei­che Schrift­stel­ler, Künst­ler, Jour­na­lis­ten und Publi­zis­ten geäch­tet, zur Emi­gra­ti­on gezwun­gen, ermor­det oder in den Selbst­mord getrieben”
Die Stadt Wup­per­tal, im April 2004”

Bereits 1998 hat­te die Else-Las­ker-Schü­ler-Gesell­schaft einen Antrag an den Stadt­rat gestellt, auf dem Rat­haus­vor­platz in Bar­men eine Licht­in­stal­la­ti­on des Münch­ner Künst­lers Wolf­ram Kas­t­ner auf­zu­stel­len, um so an die Bücher­ver­bren­nung zu erin­nern. Eine Mehr­heit konn­te man damit nicht für sich gewin­nen.6 Am 12.Mai 2003 griff die PDS-Rats­frak­ti­on das The­ma erneut auf und stell­te den Antrag, am Rat­haus­vor­platz eine Gedenk­ta­fel anzu­brin­gen.7 Die FDP-Rats­frak­ti­on bean­trag­te am 9.Juli 2003 die Erstel­lung des Mahn­mals, wel­ches die Else-Las­ker-Schü­ler-Gesell­schaft 1998 vor­ge­schla­gen hat­te. Es wird im Antrag so beschrieben:


 “Wir möch­ten den Vor­schlag der Else-Las­ker-Schü­ler-Gesell­schaft e.V. auf­neh­men und bean­tra­gen, den Text “Wo man Bücher ver­brennt, ver­brennt man auch Men­schen” (Hein­rich Hei­ne) mit­ten in einem schwar­zen Brand­fleck auf eine bruch­fes­te Glas­plat­te vor dem Rat­haus zu pla­zie­ren. Die Glas­plat­te soll von unten bei Dun­kel­heit beleuch­tet wer­den, damit die Schrift im schwar­zen Fleck noch bes­ser sicht­bar ist.“8

Am 24. Sep­tem­ber 2003 beschloss dann der Kul­tur­aus­schuss einen Ver­wal­tungs­vor­schlag zur Auf­stel­lung einer Tafel an der Zen­tral­bi­blio­thek und lehn­te die Anträ­ge von PDS und FDP ab. Am 13.Oktober 2003 dürf­te der Rat der Stadt Wup­per­tal der Emp­feh­lung von Kul­tur- und Haupt­aus­schuss gefolgt sein.9

Fußnoten:

  1. Ein­la­dung zur Ent­hül­lung der Gedenk­ta­fel, o.J., o.V. 
  2. Denk-Zei­chen erin­nert an “Säu­be­run­gen”, in: WZ vom 24. April 2004.
  3. Denk-Zei­chen erin­nert an “Säu­be­run­gen”, in: WZ vom 24. April 2004.
  4. Ein­la­dung zur Ent­hül­lung der Gedenk­ta­fel, o.J., o.V. 
  5. Denk-Zei­chen erin­nert an “Säu­be­run­gen”, in: WZ vom 24. April 2004.
  6. Anne-Kath­rin Reif, “Wen wol­len wir wor­an erin­nern?”, in: WZ vom 4. Juni 1998. 
  7. VO/1544/03 
  8. VO/1810/03  
  9. VO/1755/03