Der Weg ist das Ziel. Im Hintergrund das alte Wartehaus des Haltepunkts Nächstebreck Bracken.
Am 1. Juli 2017 wurde am ehemaligen Haltepunkt “Nächstebreck-Bracken” der Bahnstrecke Wichlinghausen-Hattingen, heute Teil der Nordbahntrasse / Kohlenbahntrasse, das Kunstwerk “Der Weg ist das Ziel” eingeweiht. Geschaffen wurde das 2,30 Meter hohe Kunstwerk von Hans-Jürgen Hiby aus dem Stamm einer ca. acht Jahre zuvor gefällten Nächstebrecker Platane. Die Holzskulptur zeigt Umrisse zweier Menschen, eine weicher und weiblicher und eine kantiger gestaltet. Finger zeigen in Richtung Wuppertal und Hattingen.
Das Kunstwerk an der Trasse.
Hans-Jürgen Hiby schenkte die Skultpur explizit dem Bürgerverein Nächstebreck, dessen Vorsitzender, Hermann Josef Richter, die Idee für ein Kunstwerk an der Trasse hatte. Der Stadt Wuppertal wollte Hiby das Kunstwerk nicht anvertrauen, zu sehr hatte er sich über die Behandlung des mehrfach Opfer von Vandalismus gewordenen Kunstwerks “Spielende Finger” geärgert.1
Bereits 2010 und erneut 2014 beantragte der Verein “Spurensuche — NS-Geschichte in Wuppertal e.V” in der Cronenberger Bezirksvertretung die Würdigung des einzig namentlich bekannten Opfers, Helena Matrosova, durch eine Straßenbenennung des Weges, der durch das Burgholz zum Tatort führt. Die Bezirksvertretung stimmte dem Antrag einstimmig zu, war aber im Staatsforst nicht zuständig und leitete den Antrag daher an das Regionalforstamt weiter.1 Da aber Waldwege offiziell nicht benannt werden, entschließ sich die Bezirksvertretung aus eigenen Mitteln und unterstützt von Cronenberger Vereinen ein Denkmal für das Massaker zu errichten. Von den insgesamt 6.000 Euro übernahm die Bezirksvertretung 2.660 Euro, während der Bürgerverein Küllenhahn 1.500 Euro übernahm. 500 Euro steuerte zudem der Cronenberger Heimat- und Bürgerverein (CHBV) bei, die Bürgervereine Hahnerberg-Cronenfeld (BHC) und Sudbürger beteiligten sich mit jeweils 250 Euro an dem Gedenkstein. Die Stadt indes übernahm die 500 Euro teuren Kosten für das Fundament.2 Die Forstverwaltung bestand auf der Verwendung von Naturstein und so besteht das Denkmal des Bildhauers Timothy Vincent aus dunklem Basalt aus Schweden.3 Die Bruchkante an der rechten Seite blieb stehen, um zu symbolisieren, dass das Leben der Ermordeten abbrach. Die symbolischen Schusslöcher weisen auf die Erschiessungen hin.4
Das Denkmal mit Inschrift und 24 Schusslöchern.
Dass das Denkmal nicht am ursprünglichen Tatort steht, liegt daran, dass laut Forstverwaltung dort häufig Wildschweine bejagt werden und zudem am Rastplatz mehr Platz für Gruppen besteht. 5Nicht zuletzt dürfte die Sichtbarkeit des Denkmals dort höher sein.
Anfang März 1945 setzten amerikanische Truppen bei Remagen über den Rhein. Innerhalb weniger Tage brach die Westfront zusammen. Im Zuge der beginnenden Auflösung der Strukturen des Regimes kam es zu einer Reihe von Kriegsverbrechen, verübt durch SS, Wehrmacht und Polizei — so auch an diesem Ort: 24 Staatsbürger und sechs Staatsbürgerinnen der UdSSR mussten im Morgengrauen an einer zuvor ausgehobenen Grube neben dem Polizeischießplatz Burgholz niederknien. Es waren vermutlich überwiegend zivile “Ostarbeiter”. Sie wurden von mehreren Polizeibeamten mit Genickschuss hingerichtet und verscharrt. Nur einer, Peter Diedrich, verweigerte die Mitwirkung. Zuvor gab es tagelange Verhöre und Misshandlungen. Man warf den Gefangenen vor, als kriminelle Bande Überfälle verübt zu haben. Ein im Polizeipräsidium Wuppertal hastig einberufenes, sogenanntes “Standgericht” fällte die Unrechtsurteile. Man wollten den Anschein der Legalität wahren. Die Leichen wurden im August 1945 von der French War Crimes Mission aufgefunden. Die Opfer wurden auf dem Friedhof der reformierten Kirche in Wuppertal — Cronenberg würdig bestattet. Namentlich bekannt ist nur die ukrainische Lehrerein Helena Matrosova. 14 an der Exekution beteiligte Gestapo- und Kriminalpolizeibeamte aus Wuppertal und Düsseldorf wurden am 22. Januar 1948 und drei ranghöhere Verantwortliche am 20. Oktober 1948 in Hamburg von einem Britischen Militärgericht verurteilt. Einige der Hauptverantwortlichen hatten bereits 1945 Selbstmord verübt. Fünf der anfangs sechs Haupttäter wurden mit dem Tode bestraft. Die Übrigen erhielten zum Teil lange Haftstrafen. Zahlreiche Gnadengesuche führten zu Strafmilderungen. Deutsche Justizbehörden entließen die Mittäter zwischen 1950 und 1952 aus der Haft. Die Haupttäter kamen zwischen 1953 und 1956 wieder frei. Eine juristische und historische Aufarbeitung der NS-Verbrechen in der Bundesrepublik Deutschland setzte erst zehn Jahre später ein.
Am 13. März 2018 wurde das Denkmal eingeweiht. Nicht ohne Kritik an der Inschrift, ein Aspekt, der die Stiftung des Erinnerungszeichens schon während des Entstehungsprozesses begleitet. Während sich die städtischen Stelle um eine nüchterne Sprache bemühen, die stets Gefahr läuft, das Geschehene zu verharmlosen, war der Verein “Spurensuche — NS-Geschichte in Wuppertal” stärker daran interessiert, eine Wertung des Verbrechens einfließen zu lassen. So kritisieren der Verein den Begriff “Standgericht” aus der Inschrift, da die Täter den Begriff in den Prozessen gegen sie verwendeten, um der Erschießung Legitimität zu verleihen, die sie nicht hatten. Der Verein brachte daraufhin zur Einweihung als Ergänzung einen QR-Code am Denkmal an.6
Am 24. November 2018, dem 75. Todestag von Helmut Hesse, weihte die evangelische Kirche an der Friedhofskirche in der Elberfelder Nordstadt eine Gedenktafel für den im KZ Dachau ermordeten Theologen ein. Der Einweihung und dem vorgehenden Vortrag des Berliner Historikers Manfred Gailus sowie Gottesdienst wohnten der Beigeordnete Matthias Nocke und der Präses der evangelischen Kirche im Rheinland, Manfred Rekowski bei.1
Die Gedenktafel mit einem Foto und einem ausführlichen Text zu Helmut Hesse.
Zusammen mit dem Verein zur Erforschung der sozialen Bewegungen im Wuppertal gedachte Evangelischen Kirchengemeinde auch an der Brunnenstraße dem Pfarrer, der der Bekennenden Kirche angehörte. Ein schmaler Weg dort soll in „Helmut-Hesse-Park” umbenannt werden, wenngleich die Stadt Wuppertal diese Benennung aufgrund des Wirkens Helmut Hesses nicht für geeignet hält. Indes eine Umbenennung des oberen Teils der Alemannenstr. nahe der Friedhofskirche ist bislang auch nicht erfolgt.
Als Christen können wir es nicht mehr länger ertragen, dass die Kirche zu den Judenverfolgungen schweigt. Die Kirche hat dem Antisemitismus zu widerstehen.
Helmut Hesse (1916–1943)
Helmut Hesse stammte aus eine strenggläubigen, monarchistisch-deutschnationalen Familie, gehörte sogar ein Jahr zur SA bevor er sich vom Nationalsozialismus ab und der Bekennenden Kirche zuwandte. Am 13. November 1943 wurden er und sein Vater Hermann Albert Hesse ins Konzentrationslager Dachau verschleppt, wo Helmut Hesse im Alter von 27 Jahren an den Folgen einer Sepsis kurz darauf verstarb. Weil er kein Mensch ohne Sünde war — er hatte ein intimes Verhältnis mit einer verheirateten Frau — verweigerte ihm die reformierte Gemeinde jegliche mögliche Hilfe.2
Die Kirchengemeinde hatte in entscheidender Stunde versagt.
Der am 11. Mai 1916 in Bremen geborene Helmut Hesse wuchs in einem pietistischen Haushalt auf, sein Vater, Hermann Albert Hesse, war Pastor der Elberfelder Gemeinde und wohnte in der Alemannenstr. 40. Bereits während des Gymnasiums wurde ihm klar, dass der Nationalsozialismus und der christliche Glaube nicht zusammen gelebt werden konnten, auch wenn viele Christen der Zeit anderer Ansicht waren. Obwohl er naturwissenschaftlicht begabt war, entschied er sich wie schon seine drei Brüder zuvor 1935 für das Studium der Theologie. Bereits früh setzte sich Hesse für rassisch verfolgte Menschen ein und half ihnen, wo er konnte. Im Frühjahr 1940 legte er das erste Examen vor der Prüfungskommission der rheinischen Bekennenden Kirche ab. Nach dem Vikariat meldet er sich im September 1941 zum zweiten Examen, doch nach der Verhaftung der Berliner Prüfungskommission der Bekennenden Kirche stellte die rheinische ihre Arbeit ein. Helmut Hesse weigerte sich von dem Weg der Bekennenden Kirche und den Erklärungen von Barmen und Dahlem abzuweichen und geriet so nicht nur in Konflikt mit der Landeskirche, sondern auch mit der Bekennenden Kirche.
Die Gedenktafel vor der Friedhofskirche.
Am 8.Juni 1943 wurde er zusammen mit seinem Vater verhaftet. In seiner letzten Ansprache zwei Tage zuvor hatte er erklärt:
“Als Christen können wir es nicht mehr länger ertragen, dass die Kirche in Deutschland zu den Judenverfolgungen schweigt […] Sie darf nicht länger versuchen, vor dem gegen Israel gerichteten Angriff sich selbst in Sicherheit zu bringen. Sie muss vielmehr bezeugen, dass mit Israel sie und ihr Herr Jesus Christus selbst bekämpft wird.”
Nach fünf Monaten in Einzelhaft, in der der an Niereninsuffizienz leidende zum Skelett abmagerte, wurden Vater und Sohn am 13.November 1943 in das KZ Dachau verlegt, wo Helmut Hesse in der Nacht auf den 24.November 1943 verstarb.4
Bereits 2008 ehrte die evangelische Gemeinde Helmut Hesse, in dem sie ein Kirchenfenster zur seinem Gedenken gestalten ließ.
Im August 2018 stellte Bildhauer Frank Breidenbruch am ehemaligen Haltepunkt Dorp an der Nordbahntrasse seine Skulptur “Stehende Null” auf. Gesponsort wurde das Kunstwerk von der nahgelegenen Firma Karl Deutsch, die eine Patenschaft für die Pflege und Ausstattung des Haltepunkts übernommen hat. Zusammen mit dem 5Nischenprojekt von Eckehard Lowisch soll die Skulptur der Auftakt für eine künstlerische Ausgestaltung der Nordbahntrasse werden.
Die 1,60 Meter hohe Plastik orientiert sich an einem Zitat des Philosophen Hegel:
„Nichts ist nicht nichts, weil es Teil von allem ist
Mit ihrem, auf zwei langen Beinen ruhenden fensterartigen Oberkörper erfasse die Stehende Nulle jeden kommenden und gehenden Gast des Ortes, mache ihn zum Teil des Kunstwerks. Wie eine universelle Kamera fange sie alles ein und stehe dort, damit die Leute anhalten und nachdenken und Zeit für Empathie gewännen, erklärte Frank Breidenbruch. Der Felsen, auf dem die Skulptur steht, stammt vom Felsen der Wülfrather Kalkwerke. 1
Im Herbst 2015 zogen in fünf Nischen des Eisenbahndamms am Vohwinkler Bahnhof fünf Skulpturen ein. Der Wuppertaler Bildhauer Eckehard Lowisch hatte die Skulpturen für eine auf zwei Jahre befristete Ausstellung angefertigt. Als dieser Zeitraum 2017 ablief, votierten SPD und CDU im Kulturausschuss der Stadt für eine dauerhafte Ausstellung der Kunstwerke im öffentlichen Raum. “Die Skulpturen in den Nischen verwandeln den Platz in eine öffentliche Ausstellungsfläche und bilden zudem eine Verbindung zu der Kunst-Station im Bahnhofsgebäude“, befürwortete Bezirksbürgermeister Heiner Fragemann (SPD) den Antrag. 1
Ansicht rechts
Der Kulturausschuss der Stadt sprach sich 2017 für einen Ankauf aus, konnte jedoch keine Mittel dafür zur Verfügung stellen, sodass Sponsoren gesucht wurden.2
Kleines Gespenst, Marmor 2015
2018 waren die nötigen Mittel durch Spenden Wuppertaler Bürger*innen, des Rotary-Clubs Wuppertal-Süd, der Stadtsparkasse und der Jackstädt-Stiftung zusammen, sodass der Kunst- und Museumsvereins die Kunstwerke ankaufen konnte. 3 Seit dem 15. April 2019 befinden sich das Kunstwerk offiziell in der Sammlung des Von der Heydt-Museums.4
Alto, Marmor 2015
Die Kunstwerke in den Nischen, die einstmals dem Einstellen von Arbeitspferden dienten und bis 2014 von einer Ladenzeile verdeckt waren, sollten die Neugestaltung des Bahnhofsvorplatzes aufwerten und von einem “Nicht-Ort” zu einem “Ort” machen. Die fünf Plastiken gehören zur Werkreihe “Seltene Erden” und sind aus mehreren Bahnen aus Marmor gebildet, die als Bandage um verschiedene Objekte gelegt wurden. Die so entstandenen Objekte abstrahieren die Gestalt, die sie umwickelten. Eckehard Lowisch bemerkt dazu: “Thematisch geht es mir um das Spiel mit profanen Formen wie Sack, Silo, Tonne oder Tank.” 5
Seltene Erde, Marmor 2011
Eckehard Lowisch wurde 1966 in Iserlohn geboren und arbeitet u.a. als Assistent für Tony Cragg und studierte bei Eugen Busmann und Norbert Thomas an der Bergischen Universität
Big Red, Marmor 2015Becky Thatcher, Marmor 2015