Als der Herbringhauser Bürgerverein 2021 den “Pilz”, eine Sitzbank mit mächtigem Dach, nach 50 Jahren erneuerte, stellte er gleichzeitig noch eine Hinweistafel auf, die dort auf die Überreste der Bergischen Landwehr hinweist.1 Das Bodendenkmal (Denkmalnr. B001) ist der Überrest der sog. Blberfelder Landwehr, die von Sprockhövel durch das Fischertal und die heutigen Barmer Anlagen, durch den Marscheider Wald bis nach Beyenburg führte und eine rückwärtige Verteidigungslinie gegen das Märkische bildete.2
Die Hinweistafel erklärt mit Text und erklärenden Schaubildern den Aufbau der Landwehr aus Dämmen und Gräben und bewachsen mit dichten Dornenhecken zum Beispiel Hainbuche, Schlehe, Weißdorn, Brombeere, Rosen etc, sodass Räuberbanden oder eindringenden Truppen gezwungen waren, die gesicherten Durchgänge zu nehmen, wo Schlagbäume und Wachmannschaften die Ein- und Ausreise aus dem Herzogtum Berg kontrollieren konnten.
Bereits 2010 und erneut 2014 beantragte der Verein “Spurensuche — NS-Geschichte in Wuppertal e.V” in der Cronenberger Bezirksvertretung die Würdigung des einzig namentlich bekannten Opfers, Helena Matrosova, durch eine Straßenbenennung des Weges, der durch das Burgholz zum Tatort führt. Die Bezirksvertretung stimmte dem Antrag einstimmig zu, war aber im Staatsforst nicht zuständig und leitete den Antrag daher an das Regionalforstamt weiter.1 Da aber Waldwege offiziell nicht benannt werden, entschließ sich die Bezirksvertretung aus eigenen Mitteln und unterstützt von Cronenberger Vereinen ein Denkmal für das Massaker zu errichten. Von den insgesamt 6.000 Euro übernahm die Bezirksvertretung 2.660 Euro, während der Bürgerverein Küllenhahn 1.500 Euro übernahm. 500 Euro steuerte zudem der Cronenberger Heimat- und Bürgerverein (CHBV) bei, die Bürgervereine Hahnerberg-Cronenfeld (BHC) und Sudbürger beteiligten sich mit jeweils 250 Euro an dem Gedenkstein. Die Stadt indes übernahm die 500 Euro teuren Kosten für das Fundament.2 Die Forstverwaltung bestand auf der Verwendung von Naturstein und so besteht das Denkmal des Bildhauers Timothy Vincent aus dunklem Basalt aus Schweden.3 Die Bruchkante an der rechten Seite blieb stehen, um zu symbolisieren, dass das Leben der Ermordeten abbrach. Die symbolischen Schusslöcher weisen auf die Erschiessungen hin.4
Das Denkmal mit Inschrift und 24 Schusslöchern.
Dass das Denkmal nicht am ursprünglichen Tatort steht, liegt daran, dass laut Forstverwaltung dort häufig Wildschweine bejagt werden und zudem am Rastplatz mehr Platz für Gruppen besteht. 5Nicht zuletzt dürfte die Sichtbarkeit des Denkmals dort höher sein.
Anfang März 1945 setzten amerikanische Truppen bei Remagen über den Rhein. Innerhalb weniger Tage brach die Westfront zusammen. Im Zuge der beginnenden Auflösung der Strukturen des Regimes kam es zu einer Reihe von Kriegsverbrechen, verübt durch SS, Wehrmacht und Polizei — so auch an diesem Ort: 24 Staatsbürger und sechs Staatsbürgerinnen der UdSSR mussten im Morgengrauen an einer zuvor ausgehobenen Grube neben dem Polizeischießplatz Burgholz niederknien. Es waren vermutlich überwiegend zivile “Ostarbeiter”. Sie wurden von mehreren Polizeibeamten mit Genickschuss hingerichtet und verscharrt. Nur einer, Peter Diedrich, verweigerte die Mitwirkung. Zuvor gab es tagelange Verhöre und Misshandlungen. Man warf den Gefangenen vor, als kriminelle Bande Überfälle verübt zu haben. Ein im Polizeipräsidium Wuppertal hastig einberufenes, sogenanntes “Standgericht” fällte die Unrechtsurteile. Man wollten den Anschein der Legalität wahren. Die Leichen wurden im August 1945 von der French War Crimes Mission aufgefunden. Die Opfer wurden auf dem Friedhof der reformierten Kirche in Wuppertal — Cronenberg würdig bestattet. Namentlich bekannt ist nur die ukrainische Lehrerein Helena Matrosova. 14 an der Exekution beteiligte Gestapo- und Kriminalpolizeibeamte aus Wuppertal und Düsseldorf wurden am 22. Januar 1948 und drei ranghöhere Verantwortliche am 20. Oktober 1948 in Hamburg von einem Britischen Militärgericht verurteilt. Einige der Hauptverantwortlichen hatten bereits 1945 Selbstmord verübt. Fünf der anfangs sechs Haupttäter wurden mit dem Tode bestraft. Die Übrigen erhielten zum Teil lange Haftstrafen. Zahlreiche Gnadengesuche führten zu Strafmilderungen. Deutsche Justizbehörden entließen die Mittäter zwischen 1950 und 1952 aus der Haft. Die Haupttäter kamen zwischen 1953 und 1956 wieder frei. Eine juristische und historische Aufarbeitung der NS-Verbrechen in der Bundesrepublik Deutschland setzte erst zehn Jahre später ein.
Am 13. März 2018 wurde das Denkmal eingeweiht. Nicht ohne Kritik an der Inschrift, ein Aspekt, der die Stiftung des Erinnerungszeichens schon während des Entstehungsprozesses begleitet. Während sich die städtischen Stelle um eine nüchterne Sprache bemühen, die stets Gefahr läuft, das Geschehene zu verharmlosen, war der Verein “Spurensuche — NS-Geschichte in Wuppertal” stärker daran interessiert, eine Wertung des Verbrechens einfließen zu lassen. So kritisieren der Verein den Begriff “Standgericht” aus der Inschrift, da die Täter den Begriff in den Prozessen gegen sie verwendeten, um der Erschießung Legitimität zu verleihen, die sie nicht hatten. Der Verein brachte daraufhin zur Einweihung als Ergänzung einen QR-Code am Denkmal an.6
Am 24. November 2018, dem 75. Todestag von Helmut Hesse, weihte die evangelische Kirche an der Friedhofskirche in der Elberfelder Nordstadt eine Gedenktafel für den im KZ Dachau ermordeten Theologen ein. Der Einweihung und dem vorgehenden Vortrag des Berliner Historikers Manfred Gailus sowie Gottesdienst wohnten der Beigeordnete Matthias Nocke und der Präses der evangelischen Kirche im Rheinland, Manfred Rekowski bei.1
Die Gedenktafel mit einem Foto und einem ausführlichen Text zu Helmut Hesse.
Zusammen mit dem Verein zur Erforschung der sozialen Bewegungen im Wuppertal gedachte Evangelischen Kirchengemeinde auch an der Brunnenstraße dem Pfarrer, der der Bekennenden Kirche angehörte. Ein schmaler Weg dort soll in „Helmut-Hesse-Park” umbenannt werden, wenngleich die Stadt Wuppertal diese Benennung aufgrund des Wirkens Helmut Hesses nicht für geeignet hält. Indes eine Umbenennung des oberen Teils der Alemannenstr. nahe der Friedhofskirche ist bislang auch nicht erfolgt.
Als Christen können wir es nicht mehr länger ertragen, dass die Kirche zu den Judenverfolgungen schweigt. Die Kirche hat dem Antisemitismus zu widerstehen.
Helmut Hesse (1916–1943)
Helmut Hesse stammte aus eine strenggläubigen, monarchistisch-deutschnationalen Familie, gehörte sogar ein Jahr zur SA bevor er sich vom Nationalsozialismus ab und der Bekennenden Kirche zuwandte. Am 13. November 1943 wurden er und sein Vater Hermann Albert Hesse ins Konzentrationslager Dachau verschleppt, wo Helmut Hesse im Alter von 27 Jahren an den Folgen einer Sepsis kurz darauf verstarb. Weil er kein Mensch ohne Sünde war — er hatte ein intimes Verhältnis mit einer verheirateten Frau — verweigerte ihm die reformierte Gemeinde jegliche mögliche Hilfe.2
Die Kirchengemeinde hatte in entscheidender Stunde versagt.
Der am 11. Mai 1916 in Bremen geborene Helmut Hesse wuchs in einem pietistischen Haushalt auf, sein Vater, Hermann Albert Hesse, war Pastor der Elberfelder Gemeinde und wohnte in der Alemannenstr. 40. Bereits während des Gymnasiums wurde ihm klar, dass der Nationalsozialismus und der christliche Glaube nicht zusammen gelebt werden konnten, auch wenn viele Christen der Zeit anderer Ansicht waren. Obwohl er naturwissenschaftlicht begabt war, entschied er sich wie schon seine drei Brüder zuvor 1935 für das Studium der Theologie. Bereits früh setzte sich Hesse für rassisch verfolgte Menschen ein und half ihnen, wo er konnte. Im Frühjahr 1940 legte er das erste Examen vor der Prüfungskommission der rheinischen Bekennenden Kirche ab. Nach dem Vikariat meldet er sich im September 1941 zum zweiten Examen, doch nach der Verhaftung der Berliner Prüfungskommission der Bekennenden Kirche stellte die rheinische ihre Arbeit ein. Helmut Hesse weigerte sich von dem Weg der Bekennenden Kirche und den Erklärungen von Barmen und Dahlem abzuweichen und geriet so nicht nur in Konflikt mit der Landeskirche, sondern auch mit der Bekennenden Kirche.
Die Gedenktafel vor der Friedhofskirche.
Am 8.Juni 1943 wurde er zusammen mit seinem Vater verhaftet. In seiner letzten Ansprache zwei Tage zuvor hatte er erklärt:
“Als Christen können wir es nicht mehr länger ertragen, dass die Kirche in Deutschland zu den Judenverfolgungen schweigt […] Sie darf nicht länger versuchen, vor dem gegen Israel gerichteten Angriff sich selbst in Sicherheit zu bringen. Sie muss vielmehr bezeugen, dass mit Israel sie und ihr Herr Jesus Christus selbst bekämpft wird.”
Nach fünf Monaten in Einzelhaft, in der der an Niereninsuffizienz leidende zum Skelett abmagerte, wurden Vater und Sohn am 13.November 1943 in das KZ Dachau verlegt, wo Helmut Hesse in der Nacht auf den 24.November 1943 verstarb.4
Bereits 2008 ehrte die evangelische Gemeinde Helmut Hesse, in dem sie ein Kirchenfenster zur seinem Gedenken gestalten ließ.
Am 1. September, dem Antikriegstag des Jahres 2019, wurde im Ronsdorfer Stadtgarten ein Denkmal für die wegen Fahnenflucht erschossenen Wehrmachtssoldaten eingeweiht. Es steht in unmittelbarer Nähe zu den Ronsdorfer Kriegerdenkmälern des Ersten und Zweiten Weltkriegs und dem “Nie wieder Krieg-Denkmal” der Friedensbewegung und dem ehemaligen Denkmal für die Kriegsgefangenen und Vermissten. Das Erinnerungszeichen rührt an einem der letzten Tabus der nationalsozialistischen Herrschaft: Der zahllosen Erschießung von fahnenflüchtigen Soldaten, auch auf einem Schießstand in Ronsdorf.
Die NS-Militärjustiz vollstreckte 20.000 Todesurteile wegen Fahnenflucht, das Kaiserreich in den brutalen Schlachten des Ersten Weltkrieges gerade einmal 28. Auch die übrigen Verurteilten hatten zumeist kein besseres Los, sie wurden oft zur Bewährung in Strafbataillone gesteckt und an der Front verheizt. Erst 1998 hob der Deutsche Bundestag die Urteile wegen Fahnenflucht auf.1
Das Wuppertaler Erinnerungszeichen wurde angestoßen von den Forschungsarbeiten des Historikers Florian Hans im Zusammenhang mit einem Projekt der Erich-Fried-Gesamtschule Ronsdorf und der Begegnungsstätte Alte Synagoge. Mit dem neuen Denkmal erweitert sich der Stadtgarten zu einem Lernort zu Krieg und Frieden mit vier Erinnerungszeichen unterschiedlicher Zeiten und Aussagen. Zur Einweihung sprachen Bezirksbürgermeister Harald Scheuermann-Giskes, Oberbürgermeister Andreas Mucke, Zeitzeuge Günter Urspruch, Pfarrer Jochen Denker und ein ehemaliger Schüler und Projektteilnehmer der Gesamtschule, Till Soerensen.2
Das Denkmal besteht aus acht unregelmäßig ansteigenden Quadern mit der Inschrift:
Oberbürgermeister Mucke bezeichnete in seiner Rede die späte Ehrung als beschämend und erinnerte an den Grundsatz des Grundgesetzes: “Die Würde des Menschen ist unantastbar”. Er hoffe, das Denkmal trage dazu bei, zum Nachdenken anzuregen und gegen die Keime des Rassismus zu impfen.3
Am 12. Juli 2018 wurde an der Kriegerheimstraße am Nützenberg am ehemaligen Wohnhaus des Wuppertaler Stadtverordneten und Bürgermeisters Werner Draudt eine Gedenktafel enthüllt, die an ihn erinnert. Mit Bundestagsabgeordneter Manfred Todtenhausen (FDP), FDP-Fraktionsvorsitzendem Alexander Schmidt und Bürgermeisterin Ursula Schulz (SPD) erinnerten alte Weggefährt*innen aus der Politik an einen Mann, der 25 Jahre im Stadtrat saß, vier Jahrzehnte sich in der Bezirksvertretung Elberfeld West unter anderem für den Zoo einsetzte, fünf Jahre Bürgermeister der Stadt Wuppertal und auch Präsident der Großen Wuppertaler Karnevalsgesellschaft war.
Der 1921 geborene Draudt erhielt für sein kommunalpolitisches Engagement sowohl das Bundesverdienstkreuz am Bande, als auch das Bundesverdienstkreuz 1. Klasse, den Ehrentitel “Altbürgermeister” und den Ehrenring der Stadt Wuppertal.
Die Gedenktafel, die vom Historischem Zentrum gestaltet worden war, zeigt ein Foto des 2016 im Alter von 95 Jahren verstorbenen Draudt und erläutert sein Leben.1
Am 26. Januar 2019 wurde am Haus Wotanstr. 15 im Zoo-Viertel eine Gedenktafel für die Bühnen- und Kostümbildnerin Hanna Jordan eingeweiht. Am 5. Todestag der in diesem Haus geborenen und gestorbenen Wuppertalerin enthüllten Oberbürgermeister Andreas Mucke und Udo Hinrichs, Vorsitzender des Bürgervereins Sonnborn-Zoo-Varresbeck, der auch die Gedenktafel initiiert hatte, das Erinnerungszeichen. Verschiedene Weggefährt*innen lobten ihr soziales Engagement, das sich unter anderem in der Gründung des Nachbarschaftsheimes am Platz der Republik zeigte, ihr künstlerisches Talent als bundesweit gefragte Bühnenbildnerin und ihre Fähigkeit zu Versöhnung und Optimismus.
Das Haus Wotanstr. 15
Hanna Jordan wurde am 3. April 1921 geboren. Ihr Vater Franz war Quäker, ihre Mutter Henriette Jüdin, was sie unter der Herrschaft des Nationalsozialismus zu einem sog. Mischling ersten Grades machte und sie der nationalsozialistischen Rassenverfolgung aussetzte. 1935 schickten ihre Eltern sie auf ein Quäker-Internat nach Eerde in den Niederlanden.1 1939 kehrte sie nach Deutschland zurück und begann ein Bühnenbild-Studium an der Folkwangschule in Essen. Bald darauf musste sie mit ihrer Mutter untertauchen. Gute Freunde versteckten beide an wechselnden Orten in Wuppertal und im Bergischen Land. 2 Nach 1945 kam sie zurück nach Wuppertal und arbeitete von 1946 bis zu ihrem 75. Lebensjahr bei den Wuppertaler Bühnen und trug mit ihren Bühnenbildern maßgeblich zum Ruf von Schauspiel und Oper bei. 1965 erhielt sie den Von der Heydt-Kulturpreis, 1994 den Ehrenring der Stadt Wuppertal. Seit 2001 war sie Ehrenmitglied der Wuppertaler Bühnen.
Die Gedenktafel informiert ausführlich über das Leben Jordans. Als Inschrift wurde ein Zitat gewählt:
Hass ist immer der falsche Weg, löst keine Probleme, schafft neue Gewalt.
Von 2009 bis 2015 wurden entlang der Trasse der ehemaligen Barmer Bergbahn (1894–1959) vom Verein Barmer Bergbahn, dem Heidter Bürgerverein und der Kolpingfamilie Barmen rote Erinnerungstafeln für die Barmer Bergbahn aufgestellt, die mit Bildern und Texten an das besondere und noch lange vermisste Verkehrsmittel erinnern.1 Am 4. Juli 2009, dem 50. Tag der Stilllegung wurden die ersten fünf Tafeln aufgestellt, am 18. April 2015 wurde der fertige Themenpfad mit seinen 27 Gedenktafeln vom Kraftwerk am Clef bis zum Toelleturm offiziell zum ersten Mal begangen.2 Die Tafeln wurden von Klaus-Günther Conrads und Jürgen Eidam gestaltet.3
Ein Beispiel für eine solche Thementafel am Fischertal.
Die Gedenktafel ist leider unglücklich angebracht, sodass den Text nur große Menschen lesen können.
Im November 2017 wurde in der Jaegerstraße im Zoo-Viertel eine Gedenktafel für Prof. Dr. Jürgen Kuczynski eingeweiht, der im Haus Nr. 17 am 17. September 1904 geboren wurde. Er wurde geehrt als Universalgelehrter der deutschen Gesellschaftswissenschaften und Widerstandskämpfer gegen den Nationalsozialismus. Seine Ehrung hatte Oberbürgermeister Mucke vorgeschlagen. Zur Einweihung reisten auch sein Kuczynskis Sohn und andere Verwandte an. Der Vater Kuzcynskis war in Wuppertal als Direktor des statistischen Amtes der Stadt Elberfeld tätig, 1906 verzog die Familie nach Schönefeld. Die Gäste der Einweihung wurde anschließend im Historischen Zentrum begrüßt.1
Die Inschrift lautet:
„Prof. Dr. Kuczynski
In diesem Haus lebte von 1904 bis 1906 der Begründer der modernen Bevölkerungsstatistik, Robert Rene Kuczynski, mit seiner Ehefrau Bertha. Er war seit Februar 1904 Direktor des Statistischen Amtes der damals noch selbstständigen Stadt Elberfeld.
Sein Sohn, Jürgen Kuczynski, wurde in diesem Haus am 17. September 1904 geboren.
Als letzter Universalgelehrter der deutschen Gesellschaftswissenschaften erlangte der Marxist deutsch-jüdischer Herkunft, der „hoffnungslose Optimist und linientreue Dissident“, nationale und internationale Bedeutung.
Unvergessen bleibt sein Widerstandskampf gegen die nationalsozialistische Diktatur.“
Kuczynski war nach seinem Studium der Philosophie, Statistik und Politökonomie seit 1930 Mitglied der KPD. 1936 ging er aufgrund nationalsozialistischer Verfolgung ins Exil nach England und wurde als Statistiker vom amerikanischen Geheimdienst Office of Strategic Services rekrutiert. Im Dienst der Amerikaner kehrte er auch nach dem Zweiten Weltkrieg nach Deutschland zurück und verhaftete persönlich den Chef der I.G. Farben. Anschließend wechselte er in die sowjetische Zone und leitete an der Berliner Universität das Institut für Wirtschaftsgeschichte. Nach seiner Emeritierung wurde er als Kritiker der Verhältnisse in der DDR bekannt und pflegte gleichzeitig eine persönlich Beziehung zu Erich Honnecker. Er verstarb am 6. August 1997 in Berlin.2
Im September 2017 wurde unmittelbar neben der Schwebebahn-Haltestelle Landgericht an der Brücke über die Wupper eine Gedenktafel für den Juristen und Pazifisten Martin Gauger eingeweiht und gleichzeitig die Brücke zur Gerichtsinsel nach ihm benannt. Unter den 50 Anwesenden waren Bezirksbürgermeister Jürgen Vitenius, Siegfried Mielke, Vizepräsident des Landgerichts und zwei Nichten Gaugers. Initiiert wurde die Gedenktafel vom “Verein zur Erforschung der sozialen Bewegung”.
Martin Gauger verweigerte in seinem Dienst bei der Staatsanwaltschaft in Wuppertal 1934 den Treueeid auf Diktator Adolf Hitler, nachdem sein Vater, der Pfarrer Joseph Gauger, verhaftet worden war. Gauger wurde aus dem Staatsdienst entlassen und seine Dissertation 1936 beschlagnahmt. Gauger war einer der wenigen Juristen, die Widerstand gegen den Nationalsozialismus leisteten. 1939 verweigerte er den Wehrdienst trotz der für diesen Fall vorgesehenen Todesstrafe. Der drohenden Enthauptung versuchte er durch Suizid zu entgehen, was aber nicht gelang. Ein Fluchtversuch nach England scheiterte im Mai 1940 in den Niederlanden, wo er verwundet und verhaftet wurde. Im Juni 1941 wurde er ins KZ Buchenwald gebracht und am 14. Juli 1941 in der Tötungsanstalt Pirna-Sonnenstein ermordet.1
Am 6. Oktober 2017 wurde auf dem evangelischen Friedhof in Wichlinghausen an der Friedhofstraße ein Mahnmal für die verstorbenen Kinder von Zwangsarbeiterinnen eingeweiht. Es besteht aus 26 Stelen mit den Namen von Kindern.
Die Gedenkstätte besteht aus Stelen, Namen und einer Gedenktafel.
Wie überall in Deutschland wurden auch in Wuppertal in der Zeit des Nationalsozialismus Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeiter unter zum Teil furchtbaren Lebensbedingungen ausgebeutet. Mutterschutz wurde vor allem für die Zwangsarbeiterinnen aus Osteuropa nicht gewährt. In Wichlinghausen wurden auf dem Friedhof 26 Säuglinge und Kleinkinder bestattet und ihr Schicksal nun in Erinnerung gerufen.
Zwei Opfer haben nicht mal einen Namen. Sie starben am Tag des Einmarsches des Amerikaner in Wuppertal.
Der Verein “Spurensuche NS Geschichte in Wuppertal e.V.” hat es sich zur Aufgabe gemacht, an diese Menschen zu erinnern und Kontakte zu den noch lebenden ehemaligen Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeitern herzustellen. So war zur Einweihung des Mahnmals durch Oberbürgermeister Mucke auch Lujsja Shatylo eingeladen, deren Bruder mit 14 Monaten an den menschenunwürdigen Lebensbedingungen verstorben war. Durch einen verspäteten Flug verpasste sie die Einweihung, die durch Musik und Reden, sowie dem Verlesenen der Namen der verstorbenen Kinder begleitet wurde. Außerdem wurde im Oktober eine Ausstellung in der Unibibliothek gezeigt. 1
Der entscheidende Hinweis auf die Gräber, die später vom Evangelischen Friedhofsverband lokalisiert wurden, stammte von Cesare Borgia, der 2013 durch Wolfgang Stocks Werk über “Wuppertaler Gräber: Historischer Spaziergang über alle Wuppertaler Friedhöfe” darauf aufmerksam wurde. Darin wird die Bestattung von Kindern von Zwangsarbeiterinnen, die bei Metallwarenfabrik Kolb GmbH in der Rathenaustr. ausgebeutet wurden, beschrieben.2
Die Gedenktafel.
Die Gedenktafel erklärt:
“Hier ruhen 27 Kinder ausländischer, überwiegend sowjetischer Zwangsarbeiterinnen. Diese Kinder wurden zwischen 1944 und 1945 hier beerdigt.
Auch Wuppertaler Firmen beschäftigten während des Zweiten Weltkriegs ausländische Arbeitskräfte, zu einem großen Teil zwangsweise deportiert. Sie wurden in Lagern nahe den Unternehmen interniert. So arbeiteten z. B. im November 1944 bei der Firma Kolb & Co. in der Rathenaustrraße / W.-Wichlinghausen 272 Zwangs- und Fremdarbeiter, davon 196 Frauen. Von den in Wuppertal geborenen Zwangsarbeiterkindern starben etwa 175, viele davon in einer Säuglingsbaracke in der Germanenstr. Informationen über deren Schicksale sind kaum dokumentiert, sicher ist aber: Den Müttern wurde nach der Entbindung nur eine kurze Erholungszeit zugestanden. Eine natürliche oder ausreichende Ernährung der Säugling war nicht möglich oder wurde ihnen verwehrt. Dazu kamen mangelnde Hygiene, schlechte Unterbringung und generelle Vernachlässigung. Eine extrem hohe Zahl starb schon im Säuglings oder Kleinkindalter. Als Todesursache wurde oftmals Ernährungsstörung, Darmerkrankungen oder Lungenkrankheiten genannt.
Im Lager oblag die Kinderbetreuung der deutschen Martha L. aus Barmen: ihre Gehilfinnen waren die Russin Klawa und Lida. Überliefert ist der erschütternde Bericht der ukrainischen Mutter Tatjana Bilyk (geb. Titowa), die 2004 während eines Besuchs in Wuppertal die Gleichgültigkeit der Betreuerinnen gegenüber den Kindern beschreibt. Sie schildert die menschenverachtenden Umstände, unter denen ihr 14 Monate alter Sohn Viktor durch Verwahrlosung sterben musste, ohne dass sie ihm helfen konnte.”