Als der Elberfelder Verschönerungsverein im Jahr 1895 sein 25jähriges Jubiläum feierte, stellte er in den Anlagen am Mirker Hain und am Friedrichsberg Denkmäler auf. Aber der Verschönerungsverein hatte noch mehr vor: Unter dem Vorsitz des Förderers August von der Heydt entschied man sich dazu, der Stadt Elberfeld einen acht Meter hohen Monumental-Brunnen nach Triester Vorbild zu schenken. Als Standort wählte man den Neumarkt, wo der Bau des neuen Rathauses geplant wurde. Im Januar 1900 entschieden die Stadtväter, dass der Brunnen nahe des Haupteingangs an der Achse der Friedrichstraße aufgestellt werden sollte.
Meeresungeheuer und Meeresnixe.Detail des Brunnens.
Als Bildhauer engagierte man den Düsseldorfer Leo Müsch, der 1888 bereits die Kaiserreliefs des Cronenberger Dreikaiserturms geschaffen hatte. Als der 12 1/2 Meter hohe Brunnen dann am 25.September 1901 zum ersten Mal sein Aussehen verriet, da zum Abschluss der Arbeiten die schützende Hülle entfernt wurde, kam es zu einem Skandal.
Noch ein Meeresungeheuer.Der 3 Meter große Neptun mit Dreizack.
In dem Brunnen aus rotem Mainsandstein mit seinem 8m großen geschwungenen Becken und dem dreistufigen Aufbau, den Neptun krönte, tummelten sich Meergötter, Nixen, Tritone, Putten, Delfine und Seeungeheuer, deren Geschlecht unverhüllt war. Die Männlichkeit einiger Figuren war deutlich sichtbar. Die Kirchen und Moralisten liefen Sturm gegen den Brunnen und schließlich wurden die Steine des Anstoßes mutwillig zerstört. Der Bildhauer ersetzte sie daraufhin durch Arkanthusblätter, doch noch immer schwoll die Wut und der Abriß des Brunnens wurde gefordert. Viel Kritik richtete sich auch gegen die Person des Freiherrn von der Heydt und dessen Moral. Die Proteste forderten natürlich Widerspruch heraus und eine hitzige Debatte wurde in der Stadt geführt.
Ein Meeresgott ohne Geschlechtsmerkmale.
Am 28.Oktober 1901 übergab man den Brunnen ohne besondere Feier oder Einweihung der Öffentlichkeit, am 4.Februar 1902 entschied die Stadtverordnetenversammlung mit 17 zu 13 Stimmen, dass der Status Quo aufrecht erhalten werden sollte, um weder der einen, noch der anderen Seite durch eine Veränderung neue Gelegenheit zum Protest zu geben. Eine Einigung war nicht zu erwarten.1
Eine Bronzekatusche am Beckenrand.
Eine bronzene Katusche enthält folgende Inschrift:
“Gestiftet
von dem Elberfelder Verschönerungsverein
zur Erinnerung
an die Feier des 25 jährigen Bestehens
23.Mai 1895”
Eine weitere kleine Bronzetafel verkündet: “Leo Müsch fec. Düsseldorf 1901”
Im Herbst 1965 wurde der Brunnen instand gesetzt und saniert.2
Um die Jahrhundertwende wurden am Aufgang zum Bergischen Haus auf der Hardt zwei Landsknechtfiguren aufgestellt. Wann genau dies geschah, ist unklar, auf einer Postkarte aus dem Jahr 1901 sind sie zum ersten Mal zu sehen.1 Eine Karte der Hardt, die auf den 1.April 1900 datiert ist, verzeichnet keine Landsknechtfiguren.2
Die Landsknechtfiguren auf einer Postkarte. Im Hintergrund der Neubau des Bergischen Haus aus dem Jahr 1907 Postkartensammlung Historisches Zentrum
Die beiden Landsknechte mit ihren Hellebarden wurden aus Stein gefertigt und standen in lässiger Haltung auf einem dreistufigen Sockel. 1884 war zum ersten Mal an dieser Stelle auf der neuen Hardt (oberhalb des heutigen Standorts des Drei-Kaiser-Denkmals am Ende der Straße Ziegenburg) ein einstöckiges Fachwerkhaus als Ausflugslokal errichtet worden, das seinen Aufgaben bald nicht mehr gerecht wurde. Im Frühjahr 1907 wurde es abgerissen und ein neues, deutlich größeres Haus von der Stadt Elberfeld nach Plänen von Stadtbaurat Schoenfelder errichtet und am 17. bzw. 21.Dezember 1907 eingeweiht. Der Pächter Otto Fischer und später seine Witwe betrieben das Haus von 1907 bis 1942, 1943 wurde das Bergische Haus und wahrscheinlich damit auch die Landsknechtfiguren durch Bomben zerstört. Die Treppe existiert jedoch noch.3
Die Landsknechtfiguren auf einem Foto, dessen Aufnahmedatum unbekannt ist. Wie man sieht, sind die Büsche an der Treppe ordentlich gewachsen, die Treppe hat sich verändert und auch am Bergischen Haus sind Änderungen vorgenommen worden (z.B. an den Fenstern). Sammlung Historisches Zentrum, 010/9/9Fotografie der Landsknechtfiguren unweit von Figurengruppe und Brunnen unterhalb des Bergischen Hauses auf der Hardt. Stadtarchiv Wuppertal, 2.11.2 (Bild ergänzt am 4.August 2012)
Zur Orientierung: Der Betrachter steht auf dem Neumarkt links vom Eingang. Die beiden Figuren stellen Kaiser Barbarossa und Herzog Johann III. von Berg dar. Die Fotografie entstand im August 1940. Sammlung Untere Denkmalbehörde, Nr. 2740
Am 24.Oktober 1900 weihte der Kaiser höchstpersönlich das neue Elberfelder Rathaus ein, nachdem er bereits zuvor in Barmen die Ruhmeshalle und ihre Standbilder eröffnet hatte. Im Anschluss an die Einweihung des Rathauses fuhr der Kaiser zur Probe mit der Schwebebahn nach Vohwinkel, wo er den Siegesbrunnen einweihte. Was der Kaiser 1900 allerdings nicht zu Gesicht bekam, war der Figurenschmuck des Rathauses, dieser war nämlich noch nicht fertig und wurde erst im folgenden Jahr angebracht, die heute bekannteste und wiederbelebte Figur des Ritters von Elberfeld kam sogar erst 1902 an ihren Platz.
Ein Stück weiter rechts, ungefähr vom Jubiläumsbrunnen, entstand diese Aufnahme, ebenfalls im August 1940. Sie zeigt die Figuren von König Friedrich Wilhelm III, Kaiser Wilhelm II. und den Ritter von Elberfeld mit seinem Knappen. Sammlung Untere Denkmalbehörde, Nr. 2739
Der Vergabe der Aufträge an die Bildhauer ging eine lange und intensive Debatte über die Qualitäten der Künstler und der Ausgestaltung der Figuren voraus. Unter anderem stritt man sich, ob die Figuren in Warthauer Sandstein, in Galvano-Bronze oder Bronzeguß ausgeführt werden sollten, am Ende entschied man sich für die Ausführung in getriebenem Kupfer. Verantwortlich für die Anfertigung aller Figuren war die Firma Knodt aus Frankfurt am Main. Alle dargestellten Figuren verwiesen auf die Geschichte (und eine Legende) Elberfelds. Zusätzlich wurden am Eingang noch zwei allegorische Figuren der Wahrheit und der Gerechtigkeit angebracht.
Figur des Kaisers Barbarossa (Friedrich I.) Sammlung Historisches Zentrum, 010/7/80
Kaiser Barbarossa (ca.1122–1190) wurde vom Berliner Bildhauer Professor Heinrich Günther-Gera geschaffen. In dessen Herrschaft wurde der Hof Elberfeld als Tafelgut des Kölner Erzbistums erstmals erwähnt. 1176 fiel der Hof als erblicher Pfandbesitz an Graf Engelbert von Berg, was der Kaiser zweimal, 1179 und 1189 bestätigte.
Figur des Herzog Johann III. von Berg Sammlung Historisches Zentrum, 010/7/81
Herzog Johann III. (1490–1539) wurde ebenfalls vom Berliner Bildhauer Professor Heinrich Günther-Gera geschaffen. Der erste Herzog der vereinigten Herzogtümer Jülich-Kleve-Berg gewährte 1527 gegen eine Zahlung von 861 Goldgulden das Garnprivileg an die Bewohner Barmens und Elberfelds, sodass im Herzogtum nur im Wuppertal Garn gebleicht und gezwirnt werden durfte. Die Garnnahrung gilt als Beginn der Wuppertaler Textilindustrie.
Die Figur des König Friedrich Wilhelm III. Sammlung Historisches Zentrum, 010/7/59
König Friedrich Wilhelm III. (1770–1840) stammte aus der Hand des Düsseldorfer Bildhauers Heinrich Bauke. Zu seiner Lebzeit wurde das Wuppertal von der französischen Fremdherrschaft befreit (1813) und gelangte 1815 zum Königreich Preußen.
Die Figur Kaiser Wilhelms II. Sammlung Historisches Zentrum, 010/7/58
Kaiser Wilhelm II. (1859–1941) wurde vom Düsseldorfer Bildhauer Friedrich Coubillier geschaffen. Der Anlass, diese Figur am Rathaus anzubringen, war schlicht, dass das neue Rathaus in seiner Regierungszeit gebaut und von ihm eingeweiht wurde.
Der Ritter von Elberfeld und sein Knappe. Sammlung Historisches Zentrum, 010/7/53
Die imposante Eckfigur des Ritters von Elberfeld mit seinem mutigen Knappen entstammt ebenfalls dem Werk des Berliner Bildhauers Professor Heinrich Günther-Gera. Sie wurde im Herbst 1901 fertiggestellt und im Mai 1902 in der Nische am Rathaus angebracht.1 Es ist eine Figur aus der Sagenwelt des Wuppertals, die für die Treue eines Knappen zu seinem Herrn steht.
Ruth Meyer-Kahrweg erwähnt in ihrer Erläuterung nicht den Namen des Ritters, auch in Otto Schells Werk “Bergische Sagen” von 1897 wird kein Name erwähnt. Heute ist die Figur als Ritter Arnold bekannt, allerdings wurde diese Bezeichnung von den Stadtverordneten 1900/1901 nicht benutzt. Es ist aber nicht ungewöhnlich, dass Sagen in verschiedenen Formen erzählt werden. Leider finden sich bei vielen Versionen im Internet keine Quellenangaben, sodass es schwer ist, die Herkunft zu verifizieren. Übereinstimmend berichten die Erzählungen davon, dass ein Ritter verfolgt wurde und dass sein Knappe von einer unbekannten Furt in einem großem Fluss, sehr wahrscheinlich dem Rhein, wusste. Der Ritter und sein Knappe konnten sich dort seinen Widersachern entziehen, da diese der Strömung nicht standhielten. Eine zweite Geschichte erzählt von einer unheilbaren Erkrankung der Gemahlin des Ritters. Der Knappe eilte daraufhin fort und holte die Milch einer Löwin, mit deren Hilfe die Frau gesundete. Der Ritter wurde daraufhin misstrauisch und entließ den Knappen, der als Lohn fünf Gulden verlangte. Mit diesem Geld sollte der Ritter eine Glocke beschaffen, die in der Elberfelder Umgebung aufgehängt wurde. In einer anderen Version der Sage wird ein Ritter Arnold von Elverfeld als Protagonist genannt, der bei der Schlacht von Worringen (1288) fliehen musste und dann von seinem Knappen durch den Rhein geführt wurde. Diese historisch belegte Figur wird allerdings bei Otto Schell als “Frevler” genannt, der in Fehde mit Adolf V. von Berg lag und in Elberfeld eine Räuberburg unterhielt und sein Unwesen als Raubritter trieb.2 Es scheint doch sehr fraglich, dass die Stadtväter solch eine Person an ihrem neuen Rathaus haben wollten.
Allegorische Figur der Wahrheit. Sammlung Historisches Zentrum, 010/7/56
Zwei weitere Figuren wurden vom Berliner Bildhauer Professor Heinrich Günther-Gera geschaffen. Sie flankieren den Eingang und sollten den Stadtverordneten und sicher auch jeden Beamten und Bürger auf ihrem Weg durch das Rathaus begleiten und bei Entscheidungen mahnend zur Seite stehen: Die Wahrheit und die Gerechtigkeit. Da die allegorischen Figuren bei der Einweihung durch den Kaiser noch nicht zur Verfügung standen, wurde der junge Bildhauer Eberhard Schäfer damit betraut, zwei in Gips modellierte und bronzierte Figuren der Wahrheit und der Gerechtigkeit zu schaffen, die später dann ersetzt wurden.
Die Figur der Gerechtigkeit. Sammlung Historisches Zentrum, 010/7/57Alle Figuren auf einem Bild. Kaiser Barbarossa, Herzog Johann III. von Berg, König Friedrich Wilhelm III, Kaiser Wilhelm II. und der Ritter von Elberfeld (v.l.n.r.), im Eingangsportal sind die “Wahrheit” und “Gerechtigkeit” zu sehen. Das Bild entstand zu den Feierlichkeiten des 300.Jahrestages der Verleihung der Elberfelder Stadtrechte am 30.Juli 1910. Bild entnommen aus: Offizielle Festwoche zur Dreihundertjahr-Feier der Stadt Elberfeld, Heft III, 2.August 1910. (Bild ergänzt am 04.August 2012)
Anmerkung: Da der ursprüngliche Figurenschmuck sowohl allegorische Figuren als auch historische Figuren enthält, wird dieser Eintrag sowohl unter “Denkmäler” als auch unter “Stadtschmuck” gelistet.