Denkmal für erschossene Wehrmachtsdeserteure

Am 1. Sep­tem­ber, dem Anti­kriegs­tag des Jah­res 2019, wur­de im Rons­dor­fer Stadt­gar­ten ein Denk­mal für die wegen Fah­nen­flucht erschos­se­nen Wehr­machts­sol­da­ten ein­ge­weiht. Es steht in unmit­tel­ba­rer Nähe zu den Rons­dor­fer Krie­ger­denk­mä­lern des Ers­ten und Zwei­ten Welt­kriegs und dem “Nie wie­der Krieg-Denk­mal” der Frie­dens­be­we­gung und dem ehe­ma­li­gen Denk­mal für die Kriegs­ge­fan­ge­nen und Ver­miss­ten. Das Erin­ne­rungs­zei­chen rührt an einem der letz­ten Tabus der natio­nal­so­zia­lis­ti­schen Herr­schaft: Der zahl­lo­sen Erschie­ßung von fah­nen­flüch­ti­gen Sol­da­ten, auch auf einem Schieß­stand in Ronsdorf.


Im Vor­der­grund: Das Deser­teurs-Denk­mal. Im Hin­ter­grund: Krie­ger­denk­mal Rons­dorf und das Rons­dor­fer Krie­ger­denk­mal für die Opfer des Zwei­ten Weltkrieges

Die NS-Mili­tär­jus­tiz voll­streck­te 20.000 Todes­ur­tei­le wegen Fah­nen­flucht, das Kai­ser­reich in den bru­ta­len Schlach­ten des Ers­ten Welt­krie­ges gera­de ein­mal 28. Auch die übri­gen Ver­ur­teil­ten hat­ten zumeist kein bes­se­res Los, sie wur­den oft zur Bewäh­rung in Straf­ba­tail­lo­ne gesteckt und an der Front ver­heizt. Erst 1998 hob der Deut­sche Bun­des­tag die Urtei­le wegen Fah­nen­flucht auf.1



Das Wup­per­ta­ler Erin­ne­rungs­zei­chen wur­de ange­sto­ßen von den For­schungs­ar­bei­ten des His­to­ri­kers Flo­ri­an Hans im Zusam­men­hang mit einem Pro­jekt der Erich-Fried-Gesamt­schu­le Rons­dorf und der Begeg­nungs­stät­te Alte Syn­ago­ge. Mit dem neu­en Denk­mal erwei­tert sich der Stadt­gar­ten zu einem Lern­ort zu Krieg und Frie­den mit vier Erin­ne­rungs­zei­chen unter­schied­li­cher Zei­ten und Aus­sa­gen. Zur Ein­wei­hung spra­chen Bezirks­bür­ger­meis­ter Harald Scheu­er­mann-Gis­kes, Ober­bür­ger­meis­ter Andre­as Mucke, Zeit­zeu­ge Gün­ter Urspruch, Pfar­rer Jochen Den­ker und ein ehe­ma­li­ger Schü­ler und Pro­jekt­teil­neh­mer der Gesamt­schu­le, Till Soeren­sen.2



Das Denk­mal besteht aus acht unre­gel­mä­ßig anstei­gen­den Qua­dern mit der Inschrift: 

Ver­flüch­tigt. Ver­folgt. Ver­haf­tet. Ver­ur­teilt. Ver­nich­tet. Ver­dammt. Ver­lo­ren. Vergessen.



Ober­bür­ger­meis­ter Mucke bezeich­ne­te in sei­ner Rede die spä­te Ehrung als beschä­mend und erin­ner­te an den Grund­satz des Grund­ge­set­zes: “Die Wür­de des Men­schen ist unan­tast­bar”. Er hof­fe, das Denk­mal tra­ge dazu bei, zum Nach­den­ken anzu­re­gen und gegen die Kei­me des Ras­sis­mus zu imp­fen.3


Posi­ti­on des Denk­mals auf der Karte


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Leonhard-Tietz-Gedenktafel

Am 17. Sep­tem­ber 2015 weih­ten die GALERIA Kauf­hof (Eigen­schreib­wei­se) und die Begeg­nungs­stät­te Alte Syn­ago­ge an der Nord­fas­sa­de des 1912 errich­te­ten Kauf­hau­ses eine glä­ser­ne Gedenk­ta­fel ein, die an Leon­hard Tietz erin­nert. Leon­hard Tietz wur­de 1849 in Birn­baum (heu­te Międ­zy­chód in Polen, damals Preu­ßen) gebo­ren und mach­te sich 1879 in Stral­sund mit einem Tex­til­ge­schäft selbst­stän­dig. 1889 eröff­ne­te er sein ers­tes Geschäft in West­deutsch­land, in der Her­zogstra­ße in Elber­feld. Rasch ver­grö­ßer­te er sein Geschäft, expan­dier­te in ande­re rhei­ni­sche Städ­te und errich­te­te, wie in Elber­feld 1912, die ers­ten Kauf­häu­ser moder­nen Typs. Er starb  im Novem­ber 1914 und hin­ter­ließ ein Unter­neh­men mit 5000 Ange­stell­ten und 25 Niederlassungen.

Die Gedenk­ta­fel erin­nert aber nicht nur an den Kauf­hau­spio­nier Tietz, son­dern auch an die Aus­gren­zung des jüdi­schen Unter­neh­mens Tietz aus der deut­schen Wirt­schaft im Natio­nal­so­zia­lis­mus, aus dem die West­deut­sche Kauf­hof AG und schließ­lich die GALERIA Kauf­hof her­vor ging. Mit der 1912 erfolg­ten Aus­stel­lung und der nun ange­brach­ten Gedenk­ta­fel über­nimmt das Unter­neh­men offi­zi­ell und öffent­lich Ver­ant­wor­tung für die Berau­bung von Juden im Natio­nal­so­zia­lis­mus.1


Die Gedenk­ta­fel (links) und ihre Kopie im Schaufenster.

Wie in jüngs­ter Zeit üblich, ver­bin­det die Gedenk­ta­fel die Aspek­te Erin­ne­rung und Ler­nen durch einen aus­führ­li­chen Text und ein Bild vom Innen­le­ben des Waren­hau­ses. Beglei­tet wird die Ein­wei­hung durch eine Schaufensterausstellung.


Die Schau­fens­ter­aus­stel­lung.

Veranstaltungsreihe: Konsumtempel und Ort der Moderne — 100 Jahre Warenhaus Tietz in Wuppertal

Am mor­gi­gen Sams­tag, den 14.April 2012, star­tet um 11 Uhr an der Nord­fas­sa­de des Kauf­hofs (Neumarktstraße/Genügsamkeitsstraße) die Ver­an­stal­tungs­rei­he “Kon­sum­tem­pel und Ort der Moder­ne — 100 Jah­re Waren­haus Tietz in Wup­per­tal” der Begeg­nungs­stät­te Alte Syn­ago­ge mit der Eröff­nung eines ganz beson­de­ren Schau­fens­ters, in dem Pro­duk­te aus dem Waren­haus Tietz aus­ge­stellt wer­den. Die Mehr­zahl stammt aus dem Besitz von Pri­vat­per­so­nen aus Wup­per­tal und Umge­bung. Das Aus­stel­lungs­schau­fens­ter (“Schön ein­kau­fen bei Tietz”) ist bis zum 27.April zu sehen.

Am 12.April 1912 eröff­ne­te die Leon­hard Tietz AG am Neu­markt ihre präch­ti­gen Neu­bau, der heu­te noch der GALERIA Kauf­hof als Stand­ort für ihr Kauf­haus dient. Das Elber­fel­der Waren­haus galt bei sei­ner Ein­wei­hung neben dem 1909 errich­te­ten Bau in Düs­sel­dorf als das größ­te und bedeu­tends­te Waren­haus in Deutsch­land. Leon­hard Tietz (1849–1914) war 1889 aus Stral­sund nach Elber­feld gekom­men, wo er sein ers­tes Geschäft grün­de­te und eine revo­lu­tio­nä­re Idee ent­wi­ckel­te: Waren­häu­ser, die einem brei­ten Publi­kum Zugang zum Kon­sum einer brei­ten Waren­viel­falt ermög­lich­te — zu fes­ten Prei­sen, ohne Kauf­zwang, mit der Mög­lich­keit Waren umzu­tau­schen. Nach dem Macht­an­tritt der Natio­nal­so­zia­lis­ten wur­de das Unter­neh­men, des­sen Grün­der und eini­ge Vor­stand­mit­glie­der jüdi­schen Glau­bens waren, “ari­siert” und als “West­deut­sche Kauf­hof AG” neu­eröff­net und fortgeführt.
Mit zahl­rei­chen Part­nern erin­nert die Begeg­nungs­stät­te Alte Syn­ago­ge vom 14. bis zum 27.April 2012 in ver­schie­de­nen Ver­an­stal­tun­gen an die­ses wich­ti­ge Kapi­tel deutsch-jüdi­scher (Stadt-)Geschichte.
Wei­te­re Infor­ma­tio­nen gibt es auf der Home­page der Begeg­nungs­stät­te Alte Synagoge.