Figurenschmuck des Elberfelder Rathauses (2010)

Im Jahr 2008 rief der Wup­per­ta­ler Mäzen Hans-Joa­chim Cam­p­hau­sen Unter­neh­men und Bür­ger dazu auf, für eine neue Ver­si­on des Rit­ters von Elber­feld zu spen­den. Die­se Figur aus der Sagen­welt des Wup­per­tals hat­te bis zum Zwei­ten Welt­krieg eine stei­ner­ne Nische am Elber­fel­der Rat­haus geschmückt. (Zum Vor­bild sie­he fol­gen­den Ein­trag: Figu­ren­schmuck des Elber­fel­der Rat­hau­ses (1901/02) 


Der neue Rit­ter von Elberfeld.

Der Anlass für die Rekon­struk­ti­on war einer­seits die Erin­ne­rung des 81jährigen Cam­p­hau­sen an das Ori­gi­nal, ander­seits aber auch die bevor­ste­hen­de Fei­er zu 400 Jah­ren Stadt­rech­ten für Elber­feld im Jahr 2010. 250.000 € wur­den für die Rekon­struk­ti­on ver­an­schlagt, drei Groß­spen­der garan­tier­ten gleich zu Beginn der Kam­pa­gne für 70.000 €. Schirm­herr der Spen­den­brief­ak­ti­on, in der 100 Brie­fe an Unter­neh­mer und Bür­ger ver­schickt wur­den, war Ober­bür­ger­meis­ter Peter Jung. Par­al­lel zur Spen­den­samm­lung mit Hil­fe des Kunst- und Muse­ums­ver­eins Wup­per­tal lief davon unab­hän­gig die Sanie­rung der Sand­stein­fas­sa­de des Rat­hau­ses seit 2006.1


Seit dem Beginn der Kam­pa­gne wur­de die Figur des Rit­ters von Elber­feld als Rit­ter Arnold bezeich­net. Der mir aktu­ell vor­lie­gen­den Quel­len­la­ge nach ist die­ses Bezeich­nung pro­ble­ma­tisch. Ruth Mey­er-Kahr­weg erwähnt in ihrer Erläu­te­rung des his­to­ri­schen Vor­bilds nicht den Namen des Rit­ters, auch in Otto Schells Werk “Ber­gi­sche Sagen” von 1897 wird kein Name erwähnt. Heu­te ist die Figur als Rit­ter Arnold bekannt, aller­dings ist in den Stadt­rats­pro­to­kol­len von 1900/1901 die­ser Name nicht zu fin­den. Es ist aber nicht unge­wöhn­lich, dass Sagen in ver­schie­de­nen For­men erzählt wer­den. Lei­der fin­den sich bei vie­len Ver­sio­nen im Inter­net kei­ne Quel­len­an­ga­ben, sodass es schwer ist, die Her­kunft zu veri­fi­zie­ren. Über­ein­stim­mend berich­ten die Erzäh­lun­gen davon, dass ein Rit­ter ver­folgt wur­de und dass sein Knap­pe von einer unbe­kann­ten Furt in einem gro­ßem Fluss, sehr wahr­schein­lich dem Rhein, wuss­te. Der Rit­ter und sein Knap­pe konn­ten sich dort sei­nen Wider­sa­chern ent­zie­hen, da die­se der Strö­mung nicht stand­hiel­ten. Eine zwei­te Geschich­te erzählt von einer unheil­ba­ren Erkran­kung der Gemah­lin des Rit­ters. Der Knap­pe eil­te dar­auf­hin fort und hol­te die Milch einer Löwin, mit deren Hil­fe die Frau  gesun­de­te. Der Rit­ter wur­de dar­auf­hin miss­trau­isch und ent­ließ den Knap­pen, der als Lohn fünf Gul­den ver­lang­te. Mit die­sem Geld soll­te der Rit­ter eine Glo­cke beschaf­fen, die in der Elber­fel­der Umge­bung auf­ge­hängt wur­de. In einer Ver­si­on der Sage wird ein Rit­ter namens Arnold von Elver­feld als Prot­ago­nist genannt, der bei der Schlacht von Worrin­gen (1288) flie­hen muss­te und dann von sei­nem Knap­pen durch den Rhein geführt wur­de. Die­se his­to­risch beleg­te Figur wird aller­dings bei Otto Schell als “Frev­ler” bezeich­net, der in Feh­de mit Adolf V. von Berg lag und in Elber­feld eine Räu­ber­burg unter­hielt und sein Unwe­sen als Raub­rit­ter trieb.2

Bereits im Okto­ber 2008 waren genü­gend Mit­tel zusam­men gekom­men, um die Fer­ti­gung der Figur, die Instal­la­ti­on und die Beleuch­tung zu decken. Hans-Uwe Flun­kert vom Gebäu­de­ma­nage­ment und Bezirks­bür­ger­meis­ter Hans Jür­gen Viteni­us reg­ten dar­auf­hin die Rekon­struk­ti­on der alle­go­ri­schen Figu­ren an, die den Ein­gang flan­kier­ten: Wahr­heit und Gerech­tig­keit. Ein ers­ter Kos­ten­vor­anschlag belief sich auf 80.000 €, aller­dings war man auf­grund des Mate­ri­al­werts der Figu­ren um deren Sicher­heit besorgt.3


Das his­to­ri­sche Vor­bild auf einer Foto­gra­fie. Samm­lung His­to­ri­sches Zen­trum, 010/7/53

Die Auf­trag zur Rekon­struk­ti­on wur­de schließ­lich an die Düs­sel­dor­fer Kunst­gie­ße­rei Kay­ser ver­ge­ben. Das Gips-Modell des Pfer­des war im Juli 2009 fer­tig und wur­de bei einem Pres­se­be­such vor­ge­stellt. Ledig­lich mit einem Foto als Vor­bild wur­de die Figur des Bild­hau­ers Pro­fes­sor Hein­rich Gün­ther-Gera nach­ge­bil­det. Aller­dings ent­schied man sich für einen Bron­ze­guss und nicht für eine Aus­füh­rung in getrie­be­nem Kup­fer, abwei­chend vom Vor­bild.4


Die Nach­bil­dung des Rit­ters von Elber­feld. Es sind im Ver­gleich mit der obi­gen Foto­gra­fie eini­ge deut­li­che Unter­schie­de aus­zu­ma­chen. So hält der Knap­pe die Arm­brust enge am Kör­per, die Streit­axt des Rit­ters ist bes­ser zu sehen, das Schwert ist kür­zer und die Kopf­hal­tung des Pfer­des ist deut­lich anders.

In der Nacht auf den 26.Mai 2010 wur­de die kom­plet­te Figu­ren­grup­pe dann per Schwer­trans­port nach Wup­per­tal gebracht und in sei­ner Nische auf­ge­stellt.5 Die drei Meter hohe Figur wiegt 1,5 Ton­nen und kos­te­te am Ende 270.000 €. Nach der Anlie­fe­rung wur­de die Figur mit einem Tuch bis zur offi­zi­el­len Ent­hül­lung vor neu­gie­ri­gen Bli­cken geschützt.6 Am fol­gen­den Sams­tag, den 28.Mai 2010, wur­de die Figur um 13 Uhr ent­hüllt und von Hans-Joa­chim Cam­p­hau­sen der Stadt als Geschenk übergeben.


Der Ein­gang des Rat­hau­ses mit Wahr­heit und Gerech­tig­keit, sowie der Elber­fel­der Rit­ter in sei­ner Nische.

Die Figu­ren Wahr­heit und Gerech­tig­keit wur­den zusam­men mit dem Rit­ter von Elber­feld ange­bracht und der Stadt am sel­ben Tag zum Geschenk gemacht. Die Kos­ten von je 30.000 € wur­den eben­falls von Hans-Joa­chim Cam­p­hau­sen über den Kunst- und Muse­ums­ver­ein gesam­melt. Die Figu­ren bestehen abwei­chend vom Ori­gi­nal aus Bron­ze­guss und nicht aus getrie­be­nen Kup­fer,7 auch die Rekon­struk­ti­on wur­de sehr frei aus­ge­führt und erin­nert im Grun­de kaum an das Vor­bild von Hein­rich Gün­ther-Gera, auch wenn man sich auf die­se Vor­la­ge berief.8


Die Wahr­heit heu­te — der Ober­kör­per ist frei von Stoff, das lin­ke Bein ist ent­blößt,  den Spie­gel hält sie in der lin­ken Hand hoch über dem Kopf, sodass sie die Wahr­heit dar­in wohl kaum erken­nen kann.  Dazu kommt noch eine Schlan­ge, die auf dem Foto des Ori­gi­nals nicht zu erken­nen ist.

Die Wahr­heit im Ori­gi­nal. Züch­tig beklei­det, den Spie­gel in der rech­ten Hand — und sie schaut auch hin­ein. Auch der Gesichts­aus­druck ist ein ande­rer. Samm­lung His­to­ri­sches Zen­trum, 010/7/56

Die Gerech­tig­keit heu­te: Sie trägt eine Art Brust­pan­zer, dazu Buch oder Schild und Schwert in der lin­ken. Mit der rech­ten Hand hält sie eine Wage hoch. Sie ist bar­häup­tig und trägt Zöpfe.

Das Ori­gi­nal: Die Gerech­tig­keit trägt lan­ge, wal­len­de Gewän­der, die weib­li­che Brust ist deut­li­cher sicht­bar, sie stützt sich mit der rech­ten Hand auf ein wel­len­för­mi­ges Schwert. In der lin­ken hält sie nur ein dickes Buch. Auf dem Kopf trägt sie eine Kro­ne, Zöp­fe sind nicht zu erkennen.

Posi­ti­on der Repli­kas auf der Karte