Der Gerechtigkeitsbrunnen (2012)

Am 30.Juli 1910 wur­de auf dem dama­li­gen Exer­zier­platz, dem heu­ti­gen Platz der Repu­blik, am Osters­baum der von Frei­herr August von der Heydt gestif­te­te Gerech­tig­keits­brun­nen ein­ge­weiht. Wäh­rend die drei eiser­nen Löwen und die Brun­nen­scha­le aus Muschel­kalk die Zei­ten über­dau­er­ten, wur­de die stadt­bild­prä­gen­de Figur Bern­hard Hoetgers von den Natio­nal­so­zia­lis­ten ein­ge­schmol­zen.1


Der Gerech­tig­keits­brun­nen auf einer unda­tier­ten Foto­gra­fie. Stadt­ar­chiv Wup­per­tal, 19.4

Im Okto­ber 2011 kün­dig­te der Wup­per­ta­ler Mäzen Hans-Joa­chim Cam­p­hau­sen an, dass die Figur rekon­stru­iert wer­den soll­te. Mit Hil­fe von Spen­den hat­te Cam­p­hau­sen bereits die Rekon­struk­ti­on des Rit­ters von Elber­feld und der Figu­ren Wahr­heit und Gerech­tig­keit am Elber­fel­der Rat­haus (2010) und des Armen­pfle­ge-Denk­mals (2011) in Zusam­men­ar­beit mit dem Kunst- und Muse­ums­ver­eins Wup­per­tal orga­ni­siert. Die Kos­ten für die Rekon­struk­ti­on betru­gen laut der Pro­gno­se im Okot­ber 2011 175.000 €. Neben der Bedeu­tung des Kunst­werks führ­te Cam­p­hau­sen gegen­über der WZ noch eine wei­te­re Begrün­dung für die Wahl des Brun­nens als nächs­tes Pro­jekt an: „Der rekon­stru­ier­te Brun­nen wäre ein Zei­chen der Wert­schät­zung für die vie­le Arbeit, die von Ehren­amt­li­chen und Ver­ei­nen zur Auf­wer­tung des Stadt­teils geleis­tet wird.“2


Der Brun­nen nach der Restau­ra­ti­on, am Tag bevor die Figur ihren Platz wie­der einnahm.

Am Bau­zaun zeigt sich Vorfreude…

.. und Mah­nung. Der Osters­bau­mer Konsens.

Der alte “Gib mich Honig Rap” (s.u.)

Am 19.Juni 2012 wur­de die neue vier Meter hohe Figur auf den zuvor reno­vier­ten Brun­nen gesetzt.3 Dabei wur­de ein Restau­ra­ti­ons­feh­ler von 1955–1957 nicht rück­gän­gig gemacht. Damals wur­de das Stif­tungs­schild in den Pran­ken eines Löwen durch ein Wap­pen der Stadt Wup­per­tal ersetzt.


Das fal­sche Wup­per­ta­ler Wappen.

Beim Ver­gleich mit den his­to­ri­schen Bil­der fällt außer­dem auf, dass die Figur um 90° gedreht wur­de und nun Rich­tung Hage­nau­er Stra­ße blickt, exakt über einem Löwen ste­hend. Frü­her sah sie zur heu­ti­ge Stra­ße “Platz der Repu­blik”. Her­ge­stellt wur­de sie von der Gie­ße­rei Kay­ser in Düs­sel­dorf, deren Bild­hau­er Schwan Kamal für die Rekon­struk­ti­on ver­ant­wort­lich zeich­net. Dar­über hin­aus speit der neue Basi­lisk kein Was­ser mehr.


Der neue Gerech­tig­keits­brun­nen nach der Einweihung.

Am 24. Juni 2012 wur­de um 11 Uhr auf dem Platz der Repu­blik die neue Figur der Ado­ran­tin (Anbe­ten­den) eingeweiht.


Zunächst sprach der Ober­bür­ger­meis­ter zu den ca.100 Bür­gern, die sich auf dem Platz der Repu­blik ver­sam­melt hat­ten. Er beton­te die Initia­ti­ve der Bür­ger­schaft, die wich­tig sei in einer Stadt mit deso­la­ter Finanz­la­ger und dank­te allen Spon­so­ren, die die­ses Wun­der geschaf­fen haben. Beson­de­rer Dank ging natür­lich an den Initia­tor Hans-Joa­chim Cam­p­hau­sen, an des­sen vori­ge Wer­ke – den Rit­ter von Elber­feld am dor­ti­gen Rat­haus und das Armen­pfle­ge­denk­mal – der Ober­bür­ger­meis­ter noch ein­mal erin­ner­te. Außer­dem dank­te der Ober­bür­ger­meis­ter, wäh­rend­des­sen leich­ter Regen ein­setz­te, dem Vor­sit­zen­den des Kunst- und Muse­ums­ver­eins, Dr. Joa­chim Schmidt-Her­mes­dorf, des­sen 1.500 Mit­glie­der sich beson­ders für die Erneue­rung der Sta­tue ein­setz­ten. Jung erklär­te, dass der Platz der Repu­blik und das Vier­tel eine groß­ar­ti­ge Ent­wick­lung genom­men hät­ten, dank des Abris­ses des Bun­kers und des Nach­bar­schafts­heim. Er hof­fe, die Figur blei­be von Van­da­lis­mus ver­schont und sei gespannt, das rich­te­te er an Cam­p­hau­sen, was als nächs­tes komme.


Für die musi­ka­li­sche Beglei­tung sorg­te der Inter­na­tio­na­le Chor der Else-Las­ker-Schü­ler-Gesamt­schu­le, der anschlie­ßend das Lied „Oh, Hap­py Day“ zum Bes­ten gab. Dann sprach der Vor­sit­zen­de des Kunst- und Muse­ums­ver­eins, Dr. Joa­chim Schmidt-Her­mes­dorf, der an den ursprüng­li­chen Stif­ter, Frei­herr August von der Heydt, erin­ner­te und sei­ne Geleit­wor­te zur Ein­wei­hung im Jahr 1910 zitier­te und damit auch an den „Geist der Gerech­tig­keit“, den der „Gerch­tig­keits­en­gel“ ver­kör­pe­re. Dar­aus sei im Volks­mund die Bezeich­nung „Engel“ gewor­den, eine von vie­len Namen, die man am Osters­baum der Figur gege­ben hat­te. Der Gerech­tig­keits­brun­nen möge allen Bür­gern an die Ver­ant­wor­tung gegen­über sei­nem Nächs­tem erin­nern, dem man gerecht begeg­nen soll­te. Außer­dem appel­lier­te er an die Bür­ger sich für ihre Stadt zu enga­gie­ren. Das Was­ser des Brun­nens sym­bo­li­sie­re die Gerech­tig­keit. Schmidt-Her­mes­dorf dank­te dem Bild­hau­er Schwan Kamal für die Rekon­struk­ti­on der Hoetger­schen Adorantin.


Nach­dem eine Schü­le­rin des Inter­na­tio­na­len Chors der Else Las­ker-Schü­ler-Gesamt­schu­le ein selbst-kom­po­nier­tes Lied mit den Titel „Leben“ vor­ge­tra­gen und dem Regen getrotzt hat­te, sprach dann der Initia­tor Hans-Joa­chim Cam­p­hau­sen. Er hat­te viel Lob und Dank für die erfolgreiche
Zusam­men­ar­beit zu ver­tei­len und nann­te die zahl­rei­chen Spen­der und unter ihnen beson­ders den Kunst- und Muse­ums­ver­ein, eine „älte­re Dame in Ham­burg“ die bedin­gungs­los die Urhe­ber­rech­te zur Ver­fü­gung stell­te, Dr. Flun­kert und sei­nen Mit­ar­bei­tern vom Gebäu­de­ma­nage­ment, Rolf Kay­ser von der Gie­ße­rei Kay­ser, dem dort wir­ken­den Bild­hau­er Schwan Kamal, des­sen schwe­re Auf­ga­be er noch ein­mal beton­te, da er anhand von schlech­ten Fotos die Figur rekon­stru­ie­ren muss­te. Außer­dem dank­te er dem Stein­bild­hau­er Mül­ler für die noch schwie­ri­ge­re Rekon­struk­ti­on des Basi­lis­ken, für die sich der Bild­hau­er in den „Geist Hoetgers“ ein­ar­bei­ten muss­te. Dar­über hin­aus bedank­te sich Cam­p­hau­sen bei den Restau­ra­to­ren, den Bau­ar­bei­tern, dem Kran­füh­rer, dem Sta­ti­ker und dem Büro des KMVs. Dann been­de­te er sei­ne Anspra­che und kehr­te aber noch ein­mal zurück, als er bemerk­te, dass er ver­ges­sen hat­te, die zwei Schü­ler der Else-Las­ker-Schü­ler-Gesamt­schu­le zur Ent­hül­lung der Figur aufzufordern.


Um 11:32 Uhr…

fie­len die Hüllen.

Der neue Basi­lisk, der kein Was­ser mehr speit.

Dann folg­te eine aktua­li­sier­te Ver­si­on des „Gib mich Honig Raps“ des Chors, des­sen ursprüng­li­cher Lied­text (sie­he Bild oben) auf eine Begeg­nung mit Senio­rin­nen zurück­ging, die von der ver­lo­re­nen Figur erzähl­ten und berich­te­ten, dass sie als „Gib mich  Honig-Figur“ ver­spot­tet hät­ten und mit­un­ter auch lee­re Honig­töp­fe an der Figur hin­gen, als wür­de es Man­na reg­nen. Ande­re Namen, so der Chor­lei­ter, waren “Alma” oder „Regnet’s noch Mädchen“.


Der Brun­nen mit Blick Rich­tung Hage­nau­er Straße.

Die Ein­wei­hung des Brun­nens im Jahr 1910. Der Basi­lisk spuckt Was­ser in das Brun­nen­be­cken. Samm­lung His­to­ri­sches Zen­trum, 010/10/15

Abschlie­ßend bedank­te sich Gabrie­le Kamp als Ver­tre­te­rin vom Ver­ein Nach­bar­schafts­heim Wup­per­tal stell­ver­tre­tend für die Nach­bar­schaft  für die Wie­der­her­stel­lung der Figur und ver­sprach, sich um den neu­en Gerech­tig­keits­brun­nen zu küm­mern, des­sen Was­ser nun wie­der ange­stellt wurde.


Der Kopf der “Alma”, des “Engels”, des “Regnet’s noch Mäd­chens”, der Adorantin.

Der Gerechtigkeitsbrunnen (1910)

Der Gerech­tig­keits­brun­nen auf einer unda­tier­ten Foto­gra­fie. Stadt­ar­chiv Wup­per­tal, 19.4

Am 30. Juli 1910, es war der drit­te Fest­tag der Drei­hun­dert­jahr­fei­er der Stadt Elber­feld, wur­de auf dem Exer­zier­platz am Osters­baum der Gerech­tig­keits­brun­nen ent­hüllt. Der Platz trägt heu­te den Namen Platz der Repu­blik. In den Tagen zuvor waren bereits der Gold­schmie­de­brun­nen und die Anla­gen der Vil­la Frey­tag ein­ge­weiht wor­den. Der noble Stif­ter des Brun­nens war ein­mal mehr Frei­herr August von der Heydt, in des­sen Auf­trag der Bild­hau­er Bern­hard Hoetger die Figur des Brun­nens schuf. Der Frei­herr hat­te den Bild­hau­er in Paris ken­nen gelernt und schätz­te sei­ne Arbeit. Die Figur wur­de nach einer Akt­zeich­nung von 1905 mit dem Titel “Wägen­de” ent­wor­fen. Den Brun­nen selbst schuf Regie­rungs­bau­meis­ter Riemann.


Der Brun­nen am Tag der Ein­wei­hung am 30.Juli 1910. Samm­lung His­to­ri­sches Zen­trum, 010/10/13

Samm­lung His­to­ri­sches Zen­trum, 010/10/15

Der Brun­nen besteht auf der unters­ten Ebe­ne aus drei guß­ei­ser­nen und aus dem Mund was­ser­spei­en­den Löwen, der eine trägt vor der Brust das Wap­pen des Stif­ters, der ande­re das Wap­pen der Stadt Elber­feld und der drit­te trug das Stif­tungs­schild und heu­te das Wap­pen der Stadt Wup­per­tal (s.u.). Dar­auf ist ein gro­ße Brun­nen­scha­le aus Kirch­hei­mer Muschel­kalk ange­bracht, deren Rand aus Kup­fer war. Byzan­ti­ni­sche Orna­men­te und “ver­wand­te Blatt­wel­len” zie­ren die Scha­le, die auf eini­ge wie ein Opfer- oder Tauf­be­cken wirkt. Das Fuß­band gibt einen Bibel­vers aus Sprü­che Salo­mos 10, 11 wieder:


Des Gerech­ten Mund ist ein leben­di­ger Brunnen”


Brun­nen­lö­we

In der Mit­te der Brun­nen­scha­le erhebt sich ein Podest, dar­auf fand sich ein was­ser­spei­en­der Basi­lisk. Auf ihm wie­der­um stand die Figur in Form einer Ado­ran­tin, deren Blick in den Him­mel gerich­tet war und deren Arme weit aus­ge­brei­tet waren. Der Ober­kör­per war unbe­deckt, ein um die Hüf­te gewi­ckel­tes rock­ar­ti­ges Gewand fiel bis zu den Fer­sen und war vor­ne offen.


Zur Ein­wei­hung über­gab Frei­herr August von der Heydt den Brun­nen mit den Worten:

Als ein Erin­ne­rungs­zei­chen an den heu­ti­gen Ehren­tag habe ich mir erlaubt, die­sen Gerech­tig­keits­brun­nen zu stif­ten mit dem Mot­to ‘des gerech­ten Mund ist ein leben­di­ger Brun­nen’: Möge der Geist der Gerech­tig­keit wal­ten auch unter den spä­tes­ten Geschlech­tern die­ser Stadt.”


Am sel­ben Tag wur­de auch die Gedenk­ta­fel für die gefal­le­nen Söh­ne der Stadt Elber­feld im Rat­haus und der Brun­nen auf dem von der Heydt-Sport­platz eingeweiht.In der Zeit des Natio­nal­so­zia­lis­mus galt die Kunst Hoetgers als ent­ar­tet und die Figur wur­de im Zwei­ten Welt­krieg eingeschmolzen.


Der Rest des Brun­nens mit zwei funk­ti­ons­tüch­ti­gen Löwen im August 2011

1957 war der Brun­nen abge­stellt, die Wid­mungs­ta­fel war ver­lo­ren und die Löwen ver­rot­te­ten. Die Stadt Wup­per­tal beauf­trag­te den Bild­hau­er Fritz Ber­nuth mit der Restau­ra­ti­on, die im Früh­jahr 1959 abge­schlos­sen wur­de. Die Wid­mungs­ta­fel wur­de dabei fälsch­li­cher­wei­se durch eine Tafel mit dem Wap­pen der 1929 geform­ten Stadt Wup­per­tal ersetzt. Die­ser Feh­ler konn­te auf­grund man­geln­der Mit­tel auch bei der fol­gen­den Gene­ral­über­ho­lung 1989 auf­grund der Kos­ten von 6.000 Mark nicht rück­gän­gig gemacht wer­den. Der Platz der Repu­blik wur­de zu dem Zeit­punkt neu­ge­stal­tet und der Brun­nen um weni­ge Meter ver­setzt. Der Anschluss an die Was­ser­ver­sor­gung wur­de erneu­ert.1


Das Elber­fel­der Wap­pen (Bild hin­zu­ge­fügt am 26.Juni 2012)

Das Wap­pen des Stif­ters (Bild hin­zu­ge­fügt am 26.Juni 2012)

Das fal­sche Wup­per­ta­ler Wap­pen (Bild hin­zu­ge­fügt am 26.Juni 2012)

Im Okto­ber 2011 kün­dig­te der bekann­te Mäzen Hans-Joa­chim Cam­p­hau­sen nach den erfolg­rei­chen Samm­lun­gen zur Rekon­struk­ti­on des Elber­fel­der Rit­ters und des Armen­pfle­ge­denk­mals die Rück­kehr der Figur des Gerech­tig­keits­brun­nen für den Som­mer 2012 an. 175.000 Euro sind für die Rekon­struk­ti­on gespen­det wor­den. 2 Am 24.Juni 2012 wur­de der neue Gerech­tig­keits­brun­nen eingeweiht.


Der Platz der Repu­blik mit dem Gerech­tig­keits­brun­nen im Zen­trum auf einer Luft­bild­auf­nah­me zwi­schen 1919 und 1939 Samm­lung His­to­ri­sche Zen­trum, 010/10/79

Figurenschmuck des Elberfelder Rathauses (2010)

Im Jahr 2008 rief der Wup­per­ta­ler Mäzen Hans-Joa­chim Cam­p­hau­sen Unter­neh­men und Bür­ger dazu auf, für eine neue Ver­si­on des Rit­ters von Elber­feld zu spen­den. Die­se Figur aus der Sagen­welt des Wup­per­tals hat­te bis zum Zwei­ten Welt­krieg eine stei­ner­ne Nische am Elber­fel­der Rat­haus geschmückt. (Zum Vor­bild sie­he fol­gen­den Ein­trag: Figu­ren­schmuck des Elber­fel­der Rat­hau­ses (1901/02) 


Der neue Rit­ter von Elberfeld.

Der Anlass für die Rekon­struk­ti­on war einer­seits die Erin­ne­rung des 81jährigen Cam­p­hau­sen an das Ori­gi­nal, ander­seits aber auch die bevor­ste­hen­de Fei­er zu 400 Jah­ren Stadt­rech­ten für Elber­feld im Jahr 2010. 250.000 € wur­den für die Rekon­struk­ti­on ver­an­schlagt, drei Groß­spen­der garan­tier­ten gleich zu Beginn der Kam­pa­gne für 70.000 €. Schirm­herr der Spen­den­brief­ak­ti­on, in der 100 Brie­fe an Unter­neh­mer und Bür­ger ver­schickt wur­den, war Ober­bür­ger­meis­ter Peter Jung. Par­al­lel zur Spen­den­samm­lung mit Hil­fe des Kunst- und Muse­ums­ver­eins Wup­per­tal lief davon unab­hän­gig die Sanie­rung der Sand­stein­fas­sa­de des Rat­hau­ses seit 2006.1


Seit dem Beginn der Kam­pa­gne wur­de die Figur des Rit­ters von Elber­feld als Rit­ter Arnold bezeich­net. Der mir aktu­ell vor­lie­gen­den Quel­len­la­ge nach ist die­ses Bezeich­nung pro­ble­ma­tisch. Ruth Mey­er-Kahr­weg erwähnt in ihrer Erläu­te­rung des his­to­ri­schen Vor­bilds nicht den Namen des Rit­ters, auch in Otto Schells Werk “Ber­gi­sche Sagen” von 1897 wird kein Name erwähnt. Heu­te ist die Figur als Rit­ter Arnold bekannt, aller­dings ist in den Stadt­rats­pro­to­kol­len von 1900/1901 die­ser Name nicht zu fin­den. Es ist aber nicht unge­wöhn­lich, dass Sagen in ver­schie­de­nen For­men erzählt wer­den. Lei­der fin­den sich bei vie­len Ver­sio­nen im Inter­net kei­ne Quel­len­an­ga­ben, sodass es schwer ist, die Her­kunft zu veri­fi­zie­ren. Über­ein­stim­mend berich­ten die Erzäh­lun­gen davon, dass ein Rit­ter ver­folgt wur­de und dass sein Knap­pe von einer unbe­kann­ten Furt in einem gro­ßem Fluss, sehr wahr­schein­lich dem Rhein, wuss­te. Der Rit­ter und sein Knap­pe konn­ten sich dort sei­nen Wider­sa­chern ent­zie­hen, da die­se der Strö­mung nicht stand­hiel­ten. Eine zwei­te Geschich­te erzählt von einer unheil­ba­ren Erkran­kung der Gemah­lin des Rit­ters. Der Knap­pe eil­te dar­auf­hin fort und hol­te die Milch einer Löwin, mit deren Hil­fe die Frau  gesun­de­te. Der Rit­ter wur­de dar­auf­hin miss­trau­isch und ent­ließ den Knap­pen, der als Lohn fünf Gul­den ver­lang­te. Mit die­sem Geld soll­te der Rit­ter eine Glo­cke beschaf­fen, die in der Elber­fel­der Umge­bung auf­ge­hängt wur­de. In einer Ver­si­on der Sage wird ein Rit­ter namens Arnold von Elver­feld als Prot­ago­nist genannt, der bei der Schlacht von Worrin­gen (1288) flie­hen muss­te und dann von sei­nem Knap­pen durch den Rhein geführt wur­de. Die­se his­to­risch beleg­te Figur wird aller­dings bei Otto Schell als “Frev­ler” bezeich­net, der in Feh­de mit Adolf V. von Berg lag und in Elber­feld eine Räu­ber­burg unter­hielt und sein Unwe­sen als Raub­rit­ter trieb.2

Bereits im Okto­ber 2008 waren genü­gend Mit­tel zusam­men gekom­men, um die Fer­ti­gung der Figur, die Instal­la­ti­on und die Beleuch­tung zu decken. Hans-Uwe Flun­kert vom Gebäu­de­ma­nage­ment und Bezirks­bür­ger­meis­ter Hans Jür­gen Viteni­us reg­ten dar­auf­hin die Rekon­struk­ti­on der alle­go­ri­schen Figu­ren an, die den Ein­gang flan­kier­ten: Wahr­heit und Gerech­tig­keit. Ein ers­ter Kos­ten­vor­anschlag belief sich auf 80.000 €, aller­dings war man auf­grund des Mate­ri­al­werts der Figu­ren um deren Sicher­heit besorgt.3


Das his­to­ri­sche Vor­bild auf einer Foto­gra­fie. Samm­lung His­to­ri­sches Zen­trum, 010/7/53

Die Auf­trag zur Rekon­struk­ti­on wur­de schließ­lich an die Düs­sel­dor­fer Kunst­gie­ße­rei Kay­ser ver­ge­ben. Das Gips-Modell des Pfer­des war im Juli 2009 fer­tig und wur­de bei einem Pres­se­be­such vor­ge­stellt. Ledig­lich mit einem Foto als Vor­bild wur­de die Figur des Bild­hau­ers Pro­fes­sor Hein­rich Gün­ther-Gera nach­ge­bil­det. Aller­dings ent­schied man sich für einen Bron­ze­guss und nicht für eine Aus­füh­rung in getrie­be­nem Kup­fer, abwei­chend vom Vor­bild.4


Die Nach­bil­dung des Rit­ters von Elber­feld. Es sind im Ver­gleich mit der obi­gen Foto­gra­fie eini­ge deut­li­che Unter­schie­de aus­zu­ma­chen. So hält der Knap­pe die Arm­brust enge am Kör­per, die Streit­axt des Rit­ters ist bes­ser zu sehen, das Schwert ist kür­zer und die Kopf­hal­tung des Pfer­des ist deut­lich anders.

In der Nacht auf den 26.Mai 2010 wur­de die kom­plet­te Figu­ren­grup­pe dann per Schwer­trans­port nach Wup­per­tal gebracht und in sei­ner Nische auf­ge­stellt.5 Die drei Meter hohe Figur wiegt 1,5 Ton­nen und kos­te­te am Ende 270.000 €. Nach der Anlie­fe­rung wur­de die Figur mit einem Tuch bis zur offi­zi­el­len Ent­hül­lung vor neu­gie­ri­gen Bli­cken geschützt.6 Am fol­gen­den Sams­tag, den 28.Mai 2010, wur­de die Figur um 13 Uhr ent­hüllt und von Hans-Joa­chim Cam­p­hau­sen der Stadt als Geschenk übergeben.


Der Ein­gang des Rat­hau­ses mit Wahr­heit und Gerech­tig­keit, sowie der Elber­fel­der Rit­ter in sei­ner Nische.

Die Figu­ren Wahr­heit und Gerech­tig­keit wur­den zusam­men mit dem Rit­ter von Elber­feld ange­bracht und der Stadt am sel­ben Tag zum Geschenk gemacht. Die Kos­ten von je 30.000 € wur­den eben­falls von Hans-Joa­chim Cam­p­hau­sen über den Kunst- und Muse­ums­ver­ein gesam­melt. Die Figu­ren bestehen abwei­chend vom Ori­gi­nal aus Bron­ze­guss und nicht aus getrie­be­nen Kup­fer,7 auch die Rekon­struk­ti­on wur­de sehr frei aus­ge­führt und erin­nert im Grun­de kaum an das Vor­bild von Hein­rich Gün­ther-Gera, auch wenn man sich auf die­se Vor­la­ge berief.8


Die Wahr­heit heu­te — der Ober­kör­per ist frei von Stoff, das lin­ke Bein ist ent­blößt,  den Spie­gel hält sie in der lin­ken Hand hoch über dem Kopf, sodass sie die Wahr­heit dar­in wohl kaum erken­nen kann.  Dazu kommt noch eine Schlan­ge, die auf dem Foto des Ori­gi­nals nicht zu erken­nen ist.

Die Wahr­heit im Ori­gi­nal. Züch­tig beklei­det, den Spie­gel in der rech­ten Hand — und sie schaut auch hin­ein. Auch der Gesichts­aus­druck ist ein ande­rer. Samm­lung His­to­ri­sches Zen­trum, 010/7/56

Die Gerech­tig­keit heu­te: Sie trägt eine Art Brust­pan­zer, dazu Buch oder Schild und Schwert in der lin­ken. Mit der rech­ten Hand hält sie eine Wage hoch. Sie ist bar­häup­tig und trägt Zöpfe.

Das Ori­gi­nal: Die Gerech­tig­keit trägt lan­ge, wal­len­de Gewän­der, die weib­li­che Brust ist deut­li­cher sicht­bar, sie stützt sich mit der rech­ten Hand auf ein wel­len­för­mi­ges Schwert. In der lin­ken hält sie nur ein dickes Buch. Auf dem Kopf trägt sie eine Kro­ne, Zöp­fe sind nicht zu erkennen.

Posi­ti­on der Repli­kas auf der Karte


Armenpflege-Denkmal (2011)

Anmer­kung: Die­ser Ein­trag wur­de am 23.April 2012 in drei Arti­kel geteilt, sodass nun das Ori­gi­nal von 1903, die Erin­ne­rungs­ta­fel von 1973 und das neue Armen­pfle­ge-Denk­mal von 2011 je einen eige­nen Ein­trag besit­zen. Die­ser Ein­trag wur­de dabei kom­plett neu bearbeitet.


“Hül­f­reich und gut” nann­te Neu­mann-Tor­borg sei­nen Ent­wurf, mit dem er 1903 im Wett­be­werb antrat.

1903 stif­te­te die Stadt Elber­feld den Begrün­dern des 50 Jah­re zuvor ein­ge­rich­te­ten Elber­fel­der Sys­tems, einer damals moder­nen Sozi­al­für­sor­ge in der boo­men­den Indus­trie­stadt Elber­feld, das soge­nann­te Armen­pfle­ge-Denk­mal. Im Zwei­ten Welt­krieg wur­de es zer­stört. Seit 1973 erin­nert eine Bron­ze­ta­fel an der City­kir­che (Kirch­stra­ße) an das zer­stör­te Denk­mal, von dem nur Fotos und ein Bron­ze-Modell, das der Stadt Elber­feld 1903 gestif­tet wur­de, übrig geblie­ben waren.


Das Armen­pfle­ge­denk­mal am 20.06.2011 auf dem Kirch­platz. Im Unter­schied zum Ori­gi­nal ist das Denk­mal heu­te um 180 Grad gedreht.

Weni­ge Mona­te, nach­dem der Elber­fel­der Rit­ter am Rat­haus sei­nen Wie­der­ein­zug gefei­ert hat­te, war der Mäzen und Orga­ni­sa­tor der Spen­den­ak­ti­on, Hans-Joa­chim Cam­p­hau­sen, schon weit in den Pla­nun­gen einer neu­en Rück­kehr. Das Armen­pfle­ge-Denk­mal soll­te wie­der auf­ge­stellt wer­den. Von den benö­tig­ten 175.000€ waren bereits 90% gesam­melt, um die zwei Ton­nen schwe­re Figu­ren­grup­pe wie­der auf sei­nem alten Sockel anzu­brin­gen.1 Vor allem 24 Ein­zel­spen­den2 und eine Spen­de der NRW-Stif­tung Natur, Hei­mat und Kul­tur in Höhe von 10.000€ hal­fen das Pro­jekt zu rea­li­sie­ren.3


Der Gene­ral­an­zei­ger sprach am 26.9.1903 von einer Alle­go­rie der Wohl­tä­tig­keit. (RMK S.138)

Das Denk­mal steht heu­te auf dem acht Ton­nen schwe­ren Ori­gi­nal­so­ckel des Denk­mals von 1903. Die­ser war nach dem Zwei­ten Welt­krieg im Bereich um die City-Kir­che ver­gra­ben wor­den, 1953 kurz wie­der­ent­deckt und erneut ver­gra­ben wor­den. Erst 2003 kam er bei Aus­gra­bun­gen auf dem Kirch­platz in einem ver­schüt­te­ten Kel­ler wie­der zum Vor­schein und wur­de zum Pfle­ge­zen­trum der Dia­ko­nie an der Blank­stra­ße ver­bracht und dort auf­ge­stellt. (Ein Bild davon fin­det sich auf Wiki­pe­dia.) 2011 wur­de er restau­riert, behielt aber eini­ger Narben[3], die von sei­ner Geschich­te zeu­gen. 4


Am 18. Juni 2011 konn­te die neue Figu­ren­grup­pe, die nach his­to­ri­schen Foto­gra­fien von der Kunst­gie­ße­rei Kay­ser in Düs­sel­dorf ange­fer­tigt wor­den war, nach einer kur­zen Andacht in der City-Kir­che im Bei­sein von Ober­bür­ger­meis­ter Jung5 auf dem Kirch­platz ein­ge­weiht wer­den.6 Zwei Ur-Enke­lin­nen der geehr­ten Män­ner ent­hüll­ten das Denk­mal von sei­nem wei­ßem Tuch. 7 Im Vor­feld beton­te Cam­p­hau­sen den Sym­bol­wert des Denk­mals: “Das Denk­mal ist ein Bei­spiel für posi­ti­ve Stadt­ge­schich­te. Es steht für das Elber­fel­der Sys­tem aus Mit­ein­an­der, Hil­fe und Ver­ant­wor­tung.“8


Drei Bron­ze­plat­ten schmü­cken den Sockel mit den Reli­efs der Män­ner, die das Elber­fel­der Sys­tem ein­ge­führt hatten.

Gus­tav Schlieper

Dani­el von der Heydt.

David Peters.

Das Ori­gi­nal: Die Inschrift am Gra­nit­so­ckel von 1903

Die his­to­ri­sche Inschrift lautet:

Den Begrün­dern der Neuordnung
des Armenwesens
in dank­ba­rer Erinnerung
errich­tet von der Stadt
Elberfeld
1853–1903”


Posi­ti­on des Denk­mals auf der Karte