Am 17. September 2015 weihten die GALERIA Kaufhof (Eigenschreibweise) und die Begegnungsstätte Alte Synagoge an der Nordfassade des 1912 errichteten Kaufhauses eine gläserne Gedenktafel ein, die an Leonhard Tietz erinnert. Leonhard Tietz wurde 1849 in Birnbaum (heute Międzychód in Polen, damals Preußen) geboren und machte sich 1879 in Stralsund mit einem Textilgeschäft selbstständig. 1889 eröffnete er sein erstes Geschäft in Westdeutschland, in der Herzogstraße in Elberfeld. Rasch vergrößerte er sein Geschäft, expandierte in andere rheinische Städte und errichtete, wie in Elberfeld 1912, die ersten Kaufhäuser modernen Typs. Er starb im November 1914 und hinterließ ein Unternehmen mit 5000 Angestellten und 25 Niederlassungen.
Die Gedenktafel erinnert aber nicht nur an den Kaufhauspionier Tietz, sondern auch an die Ausgrenzung des jüdischen Unternehmens Tietz aus der deutschen Wirtschaft im Nationalsozialismus, aus dem die Westdeutsche Kaufhof AG und schließlich die GALERIA Kaufhof hervor ging. Mit der 1912 erfolgten Ausstellung und der nun angebrachten Gedenktafel übernimmt das Unternehmen offiziell und öffentlich Verantwortung für die Beraubung von Juden im Nationalsozialismus.1
Die Gedenktafel (links) und ihre Kopie im Schaufenster.
Wie in jüngster Zeit üblich, verbindet die Gedenktafel die Aspekte Erinnerung und Lernen durch einen ausführlichen Text und ein Bild vom Innenleben des Warenhauses. Begleitet wird die Einweihung durch eine Schaufensterausstellung.
Die Gedenktafel, im Hintergrund sieht man eine North American T‑6. Es handelt sich um ein amerikanisches Trainingsflugzeug, das sowohl von den Briten als auch von des US Air Force während des Zweiten Weltkriegs zur Ausbildung verwendet wurde. 1957 bildete auch die Bundesluftwaffe ihre Piloten auf dem Modell aus. Dieses tat dort aber keinen Dienst und trug erst ab 1972 die Kennung D‑FABY.
Am 17. April 2015 jährte sich das Kriegsende in Wuppertal, der unblutige Einmarsch der amerikanischen Armee, zum 70. Mal. In zahlreichen Aktivitäten wurde daran erinnert, unter anderem mit der Einweihung einer Erinnerungstafel im Industriegebiet Möbeck, wo im Zweiten Weltkrieg ein Durchgangslager für Zwangsarbeiter und Zwangsarbeiterinnen existiert hatte. 1 Der Verein zur Erforschung der Sozialen Bewegung hatte zur Einweihung unter anderem ehemalige Zwangsarbeiter aus dem niederländischen Roermond eingeladen.2
Zusätzlich zur Gedenktafel ist noch diese Skulptur angebracht.
Wie gegenwärtig bei zahlreichen Gedenktafeln üblich, ist der Textanteil sehr hoch und versucht anstatt zu erinnern zu erklären, da die Zeitgenossen fast alle nicht mehr leben und man der Verklärung entgegentreten will. Neben dem eigentlichen Text zeigt die Gedenktafel noch einen Lageplan, eine Zeichnung einer Baracke des Lagers und Namen der hier gestorbenen Zwangsarbeiter.
Die Gedenktafel.
Laut Tafel war das Lager vor seiner Nutzung als Durchgangslager ein städtisches Obdachlosenasyl für etwa 230 Personen und wurde in der Wirtschaftskrise eingerichtet. 1940 wurde es als Kriegsgefangenenlager genutzt und mit 1200 sowjetischen und französischen Soldaten belegt. Anfang 1942 wurde es dann zu einem von 50 Durchgangslagern im Reich, in dem zunächst russische Zwangsarbeiter untergebracht wurden. Über 125.000 Menschen wurden von hier zur Zwangsarbeit verteilt, die Bedingungen waren katastrophal und menschenverachtend. 135 Menschen und circa 40 Kinder starben an diesem Ort. Die Zwangsarbeiter wurden auch zur Enttrümmerung von bombardierten Stadtteilen eingesetzt, hatten aber kein Anrecht auf Schutz in den Bunkern, was zur einem starken Anstieg der Todesrate ab 1942 führte.
“Das Lager war dreireihig mit Stacheldraht umzäunt, durch den Strom floss, da standen Polizisten, die uns ständig schlugen, aber unter uns Ostarbeitern waren Mutige, die aus dem Lager flohen. Aber sie wurden alle gefangen und in ein Konzentrationslager gesteckt. Wir haben nichts mehr von ihnen gehört und sie bis heute nicht wiedergesehen. Als wir im Lager Giebel waren, arbeiteten wir bei der Trümmerräumung in Wuppertal, Elberfeld, Vohwinkel, Remscheid, Barmen, Oberbarmen usw. Nach Bombardierungen räumten wir Ruinen, reparierten Straßen und Straßenbahnen. Während der Bombardierungen wurden wir nicht in den Bunker gelassen, die Bewohner selbst schlugen uns, trieben uns hinaus und brüllten uns an ‚Jude‘.“3
Vor dem 20. März 20141 wurde an der Wülfrather Straße an der Stützmauer zum Schulhof der Förderschule Hufschmiedstraße eine Gedenktafel angebracht, die an Hermann Steinacker erinnert. Der Anarchist wurde am 20. November 1870 in Oldenheim bei Karlsruhe geboren, machte eine Ausbildung zum Schneider und schloss sich der SPD an. 1910 führte ihn die politische Polizei in Berlin im Anarchisten-Verzeichnis auf, er hatte sich also von der SPD getrennt. Anarchisten wurden im Kaiserreich sowohl von der Polizei überwacht und bekämpft, von der SPD und Gewerkschaften als Feinde behandelt. Die radikalen Elberfelder Pazifisten wurden mit Beginn des Ersten Weltkriegs inhaftiert, Steinacker kam erst im März 1916 frei — und wurde prompt zum Militärdienst eingezogen. In den Dynamiken des Kriegsendes und der Revolution wuchs die Freie Arbeiter-Union Deutschlands (FAUD) 1200 Mitglieder, deren Zahl aber ab 1923 wieder schrumpfte und 1933 nur noch 40 Mitglieder zählte.
Hermann Steinacker besaß eine Schneiderstube in der Paradestraße und war eine bedeutende Figur der FAUD im Wuppertal und Mentor der anarchistischen Kinder- und Jugendgruppen. Als die Nationalsozialisten 1933 die Macht in Deutschland übernommen hatten, organisierte er den anarchosyndikalistischen Widerstand in Wuppertal. Im Oktober 1934 wurde er von der Gestapo verhaftet und zu einem Jahr und neun Monaten Haft verurteilt, die er in der JVA Lüttringhausen verbrachte. Nach seiner Entlassung sammelte er Gelder zur Unterstützung der Volksfrontregierung im Spanischen Bürgerkrieg. Im Februar 1937, acht Monate nach seiner Entlassung, flog das Netzwerk der Anarcho-Syndikalisten im Rheinland auf und Steinacker wurde erneut verhaftet. Im Januar 1938 wurde er mit 88 weiteren Angeklagten vor dem Hammer Oberlandesgericht verurteilt und erhielt eine der Höchststrafen, 10 Jahre Haft, die er zum Großteil im Zuchthaus in Münster verbrachte. Folter und Haft schwächten ihn, sodass er von Mithäftlingen von seiner Zelle in den Arbeitssaal getragen werden musste. Eines Tages schlief er während der Arbeit dort ein und wurde wegen Arbeitsunfähigkeit im Januar 1944 in das KZ Mauthausen deportiert. Als Arbeitsunfähiger wurde er als unwertes Leben in der Weltanschauung der Nationalsozialisten angesehen und am 14. April 1944 mittels einer Spritze mit Kupfervitriol ermordet. Die Gestapo übergab seiner Tochter anschließend seine blutverschmierte Brille. 2
Die Gedenktafel erklärt unter einem nicht näher bezeichneten Foto:
“Hermann Steinacker (20.11.1878 — 14.04.1944)
Überzeugter Gegner des 1. Weltkrieges,
zentrale Figur der anarchosyndikalistischen Bewegeung in
der Weimarer Republik, Widerstandskämpfer gegen die NS-Diktatur.
Steinacker wurde 1944 durch die Nazis im
Konzentrationslager Mauthausen ermordet.
Hier an dieser Stelle stand das Haus in dem er lebte.
Am 25. Februar 2014 jährte sich zum 80. Mal der Todestag Otto Böhnes, das Antifa-Café Wuppertal nahm dies zum Anlass an den Wuppertaler Stadtverordneten zu erinnern.1 Möglicherweise in diesem Zusammenhang brachte man am Otto-Böhne-Platz in der Nordstadt eine Gedenktafel an, am 20. März 2014 sprach man bereits von einer kürzlich angebrachten Gedenktafel.2
Die Gedenktafel.
Die Gedenktafel aus einfachem Kunststoff zeigt eine Fotografie Otto Böhnes. Die Inschrift lautet:
“Otto Böhne (4.1.1898 — 25.2.1934)
Widerstandskämpfer und Kommunist
Otto Böhne starb im Krankenhaus in Papenburg an den Folgen
grauenhafter Misshandlungen, die ihm im KZ Kemna und im KZ Börgermoor zugefügt wurden.
Böhne wohnte in der Wirkerstrasse 37 auf dem Elberfelder Ölberg.
Er war Nachwuchsleiter und Stadtverordneter der KPD.
Nichts und Niemand ist vergessen!”
Der am 4. Dezember 1897 geborene Otto Böhne kam aus Elberfeld und hatte fünf Geschwister. Er erlernte den Beruf des Schlossers und kämpfte im Ersten Weltkrieg. Anschließend arbeitete er bei Quante und schloss sich der KPD an, wo er es zum Organisationssekretär brachte. Noch im März 1933 wurde er zum Stadtverordneten gewählt. Nachdem er bereits im April 1933 von den Nationalsozialisten in Schutzhaft genommen worden war, wurde er im Juli 1933 in seiner Wohnung in der Wirkerstraße 37 verhaftet, vor den Augen seiner 13jährigen Tochter misshandelt und in das KZ Kemna gebracht. Als Kommunist wurde er in der Kemna grausam gefoltert und schwer misshandelt. Mit letzten Kräften überstand er nach der Auflösung des KZs Kemna den Transport ins KZ Börgermoor. Am 25. Februar 1934 erlag er im Krankenhaus von Papenburg seinen Verletzungen. Er wurde in seiner Wohnung zwei Tage aufgebahrt und anschließend auf dem Ronsdorfer Kommunalfriedhof bestattet. 3
Der Otto-Böhne-Platz wurde am 21. Juni 1988 nach dem Widerstandskämpfer benannt. (Wolfgang Stock, Wuppertaler Straßennamen, Essen 2002, S. 293.)
Als sich der Künstler Gunter Demnig 1990 in Köln mit dem 50. Jahrestag der Deportation von Sinti und Roma auseinandersetzte, zeichnete er die Wege der Deportierten mit einer rollbaren Druckmaschine nach. 1992 verlegte er dann einen Stein mit Zeilen des zugehörigen Erlasses vor dem Historischen Rathaus in Köln. Daraus entwickelte sich das zunächst theoretische Kunstprojekt “Größenwahn – Kunstprojekte für Europa”, fürdas er die Überlegung anstellte sechs Millionen Stolpersteine in ganz Europa zuverlegen. Schließlich wurden in Köln als Beispiel erste Stolpersteine verlegt und seitdem ist der Erfolg des Projektes ungebrochen.1
Seit 2007 werden auch in Wuppertal Stolpersteine verlegt. Getragen wird dies vom Verein Stolpersteine in Wuppertal e.V. Der Jurist Martin Gauger, der Arzt Eugen Rappoport und seine Frau, die Opernsängerin Elsa Rappoport, waren die ersten drei Opfer des Nationalsozialismus, für die in Wuppertal am 7. Januar 2007 von Gunter Demnig einer der 10x10 cm großen Messingsteine im Boden verlegt wurde.2 Sie verzeichnen unter der Überschrift “HIERWOHNTE” Namen und Lebensdaten der Person, an die gedacht werden soll. Mit dem dezentralen Ansatz soll aufgezeigt werden, dass die Opfer des Nationalsozialismus nicht irgendwelche Menschen waren, sondern in der Nachbarschaft aller lebten und einen Namen hatten.
Vier Stolpersteine vor dem Haus Luisenstraße 124 für Emil und Henriette Hirschberg, sowie Samuel und Sophie Zuckermann.
Vier Stolpersteine vor dem Haus Luisenstraße 124 für Emil und Henriette Hirschberg, sowie Samuel und Sophie Zuckermann.
Das Projekt erfreut sich bis heute großer Beliebtheit und bleibt doch nicht kritikfrei. In München beispielsweise wird bis heute darum gerungen Stolpersteine zu verlegen, der Stadtrat erlaubt es nicht. Der Wuppertaler Rat hatte am 18. Dezember 2006 der Vorlage VO/0814/06 einstimmig zugestimmt. Kritik kommt in Wuppertal z.B. von der Leiterin der Begegnungsstätte Alte Synagoge Wuppertal, Dr. Ulrike Schrader. In 2006 veröffentlichten kritischen Anmerkungen setzte sie sich mit dem Habitus der Stolperstein-Initiativen auseinander, die eine “Wer nicht für mich ist, ist gegen mich Haltung” einnähmen, ungeachtet der Art der Kritik, die ihnen entgegenschlage. Darüber hinaus habe das Projekt mit dem inzwischen “vorauseilenden Gehorsam moralische ‘funktioniernder’ Entscheidungsträger” seinen provokativen Charakter verloren. Es sei nun Teil des Establishments. Ein weiterer Kritikpunkt von Schrader setzt sich mit der Art des Gedenkens auseinander. An die betreffende Person wird erinnert, weil sie Opfer des Nationalsozialismus’ wurde, die Art des Todes macht sie also erinnerungswürdig, nicht ihr Leben, ihre Biografie. Die Beschäftigung mit den Biografien der Opfern des Nationalsozialismus lehnt sie allerdings nicht ab, denn dies sei ein intensive, fast intime Form des Gedenkens, nur der Stolpersteine leiste genau das nicht. Nur karge Daten lösen kein Erinnern aus. Überhaupt sei dies eine einfache und leichte Form des Erinnerns. Ein weiterer Kritikpunkt — und sicherlich ein wesentlicher — ist das Patenschaftssystem. Da jeder Stolpersteine von einem Paten gekauft wird, verrät dies die mitunter starke Ich-Bezogenheit des Projektes. Man kann einen eigenen Stein kaufen und so seines eigenen Gedenkens gedenken. Dazu kommt die Haltung des Künstlers, der mittlerweile von und für das Projekt lebt und in Wuppertal z.B. Nachahmungen von Schülern untersagte. Die kaum noch übersehbare Masse von Stolpersteinen und die fehlende Hierarchisierung der Opfergruppen führen am Ende zu einer Beliebigkeit des Projekts, so Schrader. Dabei verdrängt es mit seinem marktschreierischem Gehabe anderes, ortsindividuelles Gedenken und eigene Gedenkformen.3
Diese Kritikpunkte sind sicherlich bedenkenswert. Vor allem das Monopol des Künstlers und die “Ablasszahlung” der Patenschaft, also die Möglichkeit sich seinen Gedenkstein, ja vielleicht sogar sein Opfer, zu kaufen, sind zu kritisieren. Andererseits bieten die Stolpersteine immer noch Anlass zur Diskussion um Erinnerung, um Erinnerungskultur. Dass es eine akzeptierte Form des Gedenkens gibt, muss nicht schlecht sein und am Ende kommt es darauf an, wie die einzelnen Gemeinden mit den verlegten Stolpersteinen und den dahinterstehenden Menschen, Biografien, Leben umgehen. Wenn sie und ihr Schicksal regelmäßig in Erinnerung gerufen werden, wenn sie der Erinnerung dienen und nicht einfach nur unbeachtet im Gehsteig liegen, wenn sie Anlass geben Fragen zu stellen, ist das dezentrale Stolpersteinprojekt als länder- und regionenübergreifende Gedenkform nicht verkehrt.
(Disclaimer: Der Verfasser dieses Eintrages ist war freier Mitarbeiter des Begegnungsstätte Alte Synagoge Wuppertal.)
Am 18. Oktober 2013 weihten Grundschüler der OGS Nützenberger Straße und der Geschichte-Politik-Kurs der Jahrgangsstufe 9 des Carl-Fuhlrott-Gymnasiums an der Grundschule auf dem Nützenberg eine Gedenktafel ein, die an Hanna Wahl erinnert. Die Gedenktafel ist als “Online-Denkmal” konzipiert, denn mittels eines QR-Codes führt sie neugierige Passanten direkt zur Projektseite “Jüdische Kultur in Wuppertal”.1 Die Gedenktafel wurde vom Förderverein der Freunde des Carl-Fuhlrott-Gymnasium finanziert2 und zeigt ein Bild von Hanna Wahl und einen längeren Erläuterungstext:
En détail
“Johanne (Hanna) Wahl wurde am 13. April 1888 in Elberfeld (heute Wuppertal) geboren. Nach der Schule wurde sie Lehrerin. Am 6. September 1922 heiratete sie den jüdischen Textilkaufmann Max Wahl und gab mit der Hochzeit ihren Beruf auf. Max Wahl war Teilhaber an dem sehr anerkannten Textilgeschäft Ph. Freudenberg in Elberfeld und musste 1934 seine Teilhaberschaft aus rassistischen Gründen und unter Druck des NS-Regimes aufgeben.
In der Folge lebten die Eheleute Wahl zunächst von einer Tätigkeit des Max Wahl als Versicherungsvertreter. Um den Lebensstandard des Paares weiter abzusichern, stellte Hanna Wahl 1936 einen Antrag zur Eröffnung einer Privatschule. Da sie immer noch mit Max Wahl in sogenannter “Rassenschande” lebte, erlangte sie die Erlaubnis unter der Auflage nur jüdische und halbjüdische Kinder zu unterrichten und dies auch nur auf Volksschulniveau.
Die Genehmigung erfolgte zum 1. April 1936. Hanna Wahl richtete ihre Schule in ihrem Haus in der Nützenberger Straße 29 in Wuppertal Elberfeld ein. Nach dem Schulverbot des Reichsministeriums für Wissenschaft, Erziehung und Volksbildung für jüdische Kinder am 15. November 1938 erhielt die Schule von Hanna Wahl erhöhten Zulauf durch nun nicht mehr in öffentlichen Schulen unterrichteten Kinder jüdischer Abstammung.
Das Leben jüdischer Bürger wurde in dieser Zeit immer schwieriger. Die Schule von Hanna Wahl wurde am 1. Oktober 1939 nach der 10 VO zum Reichsbürgergesetz vom 4. Juli 1939, wonach nur noch Juden Juden unterrichten durften, geschlossen. Zu diesem Stichtag hatte sie noch 14 Schüler, die dann auf die jüdische Schule in Hagen geschickt wurden.
Vom 1. April 1942 bis zum 1. Juni 1945 arbeitete Hanna Wahl an der Evangelischen Schule Johanneum als Sekretärin. In der Nachkriegszeit kämpfte sie um ihr eigenes Recht als Verfolgte des NS Regimes anerkannt zu werden. Nach 13 Jahren wurde ihr dieses Recht zugestanden und eine Entschädigung zugesprochen.
Hanna Wahl starb am 5. März 1965 und wurde auf dem Reformierten Friedhof in der Varresbeck am 12. März 1965 beigesetzt.”
Die Gedenktafel mit sehr einfachem Schild am ehemaligen Schießstand im Burgholz
Am 9. Mai 2004 wurde vom Verein Spurensuche NS-Geschichte in Wuppertal e.V. tief im Burgholz am ehemaligen Schießstand der Wuppertaler Polizei eine kleine Gedenktafel enthüllt, die daran erinnern soll, dass dort im Frühjahr 1945 30 osteuropäische Zwangsarbeiter von der Wuppertaler Polizei und Gestapo ermordet wurden. Mit unter den Tätern war der Vater von Lieselotte Bhatia, die sich als “Täterkind” für das Gedenken im Verein Spurensuche einsetzt. Die kleine Gedenkfeier am Ort, der heute auch noch mit Blumen geschmückt ist und wo ein ewiges Licht brennt, wurde komplettiert durch eine Ansprache von Michael Okroy von der Begegnungsstätte Alte Synagoge.1
Die Inschrift.
Die Inschrift lautet:
“Zur Erinnerung an die hier ermordeten Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeiter/ Hier befand sich der Schießstand der Wuppertaler Polizei/ Im Februar 1945 wurden an diesem Ort 6 Frauen und 24 Männer aus der Sowjetunion/ die zur Zwangsarbeit nach Wuppertal verschleppt wurden/ unter Beihilfe der Wuppertaler Polizei/
von der Gestapo ermordet / Von den Opfern des Massakers ist nur der Name von Helena Matrosowa überliefert.”
Der letzte Weg der Zwangsarbeiter führt vom Küllenhahn diese Straße entlang.
In seiner Ansprache beschrieb Michael Okroy die Vorgänge, die zur Ermordung der 24 Männer und sechs Frauen aus der Sowjetunion im Burgholz führten. Je nach Quellen wird als Tatzeitpunkt der Monatswechsel Ende Februar/Anfang März 1945 oder der 21. März 1945 genannt, die Tat gehört damit zu den sogenannten Kriegsendphaseverbrechen. Im Januar 1945 waren über 80 Zwangsarbeiter von der Wuppertaler Polizei festgenommen worden, da im zunehmend destabilisierten Dritten Reich mit dem Nähern der Front aus Westen Zwangsarbeiter flohen oder freigelassen wurden und diese sich durch Überfälle und Plünderungen Nahrungsmittel beschaffen mussten. 32 Männer und sechs Frauen wurden schließlich als Hauptverantwortliche der Gestapo Außenstelle Wuppertal übergeben und im Polizeipräsidium gefoltert und misshandelt. Helena Matrosowa wurde zum Beispiel Papier zwischen ihre Zehen gesteckt und angezündet. Hier wurde schließlich für die 30 Opfer auch das Todesurteil — ohne Gerichtsverfahren — verhängt. Nachdem aus dem Reichssicherheitshauptamt (RSHA) in Berlin die formelle Bestätigung des Todesurteils eingetroffen war, wurden die Vorbereitungen der Tat getroffen und diese in der Abgeschiedenheit des Burgholz ausgeführt und die Leichen vor Ort vergraben.
Am 14. April 1945, knapp vier Wochen nach der Ermordung der 30 Zwangsarbeiter, wurde Wuppertal durch amerikanische Truppen befreit. Die noch im Präsidium anwesenden Polizisten wurden dann mit LKWs zu einem Gefangenenlager an den Rheinwiesen gebracht. Ende August 1945 führten Ermittlungen zur Festnahme der beteiligten Polizisten und zu Hinweisen auf den Tatort. Einige inhaftierte Tatbeteiligte mussten auf Anordnung der nun britischen Militärregierung die Leichen exhumieren und sämtliche Angehörigen der Wuppertaler Polizeidienstelle hatten an den außerhalb des Massengrabes aufgebahrten Ermordeten vorbeizugehen. Oberbürgermeister Thomas, sein Stellvertreter, führende Vertreter der deutschen Polizei und ein Abgesandter des sowjetischen Marschalls Schukow waren ebenfalls vor Ort. Vierzehn Täter wurden 1947 in Hamburg im sogenannten Burgholz-Case verurteilt, sechs zum Tode. Die Strafen wurden allerdings nicht in der ausgesprochenen Härte vollstreckt, die letzten Täter wurden bereits 1953 aus der Haft entlassen. Der Hauptverantwortliche, der Leiter der Gestapoleitstelle Düsseldorf Henschke, wurde 1948 zu einer 12jährigen Haft verurteilt, aber schon 1955 vorzeitig auf freien Fuß gesetzt. Die ermordeten Männer und Frauen wurden im August 1945 auf Anordnung der britischen Militärregierung auf dem evangelischen Friedhof an der Schorfer Straße in Cronenberg beerdigt und im Oktober wurde das Mahnmal dort als eines der ersten in Wuppertal, das an die Untaten der Nationalsozialisten erinnert, errichtet.2
Im Herbst 2014 ist der Verein Spurensuche NS-Geschichte in Wuppertal e.V. seinem Ziel, eine Straße im Burgholz nach der ukrainischen Lehrerin Helena Matrosova zu benennen, einen kleinen Schritt weitergekommen, die Bezirksvertretung Cronenberg stimmte dem Vorhaben zu. Allerdings ist diese nicht final zuständig, sondern der Landesbetrieb Wald und Holz, da der Weg zum Schießstand im Staatsforst liegt.3
Die Stele für Dr. Josef Neuberger, im Hintergrund, neben dem Haltestelleschild, ist die zweite Stele für Dietrich Bonhoeffer zu erahnen.
Am 9. November 2005 wurden auf dem Außengelände der Justizvollzugsschule NRW auf der Hardt zwei Denkmäler enthüllt. Sie ehren und erinnern an Dr. Josef Neuberger, nach dem das Haus der Schule auch benannt ist, und Dietrich Bonhoeffer. Initiiert hatte die Errichtung Frank Fraikin, der Leiter der Justizvollzugsschule. Für die Ausführung wandte er sich an Hans-Peter Osten von der JVA Herford, da dieser bereits im Rahmen der von ihm geleiteten Arbeitstherapie mit Künstlern und jugendlichen Strafgefangenen Kunstwerke geschaffen hatte. Hans-Peter Osten holte wiederum holte den Steinbildhauer Helmut Schön aus Bad Salzufflen ins Boot. Für die Gestaltung der Schrifttafeln zeichnete der Detmolder Bildhauer Wolfgang Karger verantwortlich.1
Die Stele für Dietrich Bonhoeffer, im Hintergrund das Gebäude der ehemaligen Justizvollzugsschule.
Die beiden Denkmäler sind in der Gestaltung bewusst ähnlich gewählt. Beide basieren auf aufrechten Stahlröhren, die die Unbeugsamkeit, den aufrechten Gang und beider Männer in der Zeit des Nationalsozialismus darstellen sollen, die sich allein ihrem gewissen verpflichtend fühlten. An beiden Torsi, für deren Herstellung Hans-Peter Osten verantwortlich war, soll eine große steinerne Portraitbüste den Blick des Betrachters einfangen, erklärte Helmut Schön anlässlich der Einweihung:
“Diese massiven Köpfe aus einem Steinblock geschlagen sind ungeheuer gegenwärtig. Sie sind Mahnung gegen das Vergessen des Nazi-Terrorregimes, das den Einen ermordet hat, dem der Andere nur knapp entkommen konnte. Sie halten Geschichte und die Auseinandersetzung damit lebendig. Sie können Stolperstein sein, Stein des Anstoßes, aber auf jeden Fall ein Mahnmal für mehr Toleranz und Achtung, mehr Mut und Aufrichtigkeit. In diesem besten Sinne ein Denk-Mal.“2
Das Portrait Josef Neubergers.
Über die geehrten Persönlichkeiten geben die beiden Schrifttafeln Auskunft.
“Josef Neuberger Justizminister des Landes Nordrhein-Westfalen vom 8.12.1966 — 12.9.1972
Josef Neuberger wurde am 11.Oktober 1902 in Antwerpen/Belgien als Sohn jüdischer Eltern geboren. Zu Beginn des 1.Weltkriegs musste Josef Neuberger zusammen mit seinen Eltern Belgien verlassen. Die Familie siedelte 1914 nach Düsseldorf um, nach dem Abitur im Jahre 1922 begann er ein Doppelstudium der Rechtswissenschaft und der Ökonomie an der Universität in Köln. 1925 promovierte Josef Neuberger in Köln zum Dr. jur., zwei Jahre später zum Dr.rer.pol. Nach Abschluss der Studien- und Referendarzeit erhielt er 1932 die Zulassung als Rechtsanwalt beim Amts- und Landgericht Düsseldorf, doch bereits im Juni 1933 wurde ihm, weil er Jude war, die Zulassung als Rechtsanwalt wieder entzogen. Kurz darauf eröffnete er ein Treuhänderbüro für Auswanderungsangelegenheiten, das er bis 1938 führte. In der Pogromnacht des 9./10.November 1938 rissen SA-Männer Josef Neuberger aus dem Schlaf, zerrten ihn aus seiner Wohnung und misshandelten ihn schwer. In der für die Familie lebensgefährlichen Lage entschlossen sich die Neubergers, Deutschland zu verlassen. Die Familie emigrierte zunächst nach Holland, wenig später nach Palästina. 1952 kehrte Josef Neuberger nach Deutschland zurück. Josef Neuberger, der bereits als Gymnasiast mit 16 Jahren der SPD beigetreten war, wurde 1956 Mitglied des Rates der Stadt Düsseldorf. Von 1959 bis 1975 gehörte er dem Landtag des Landes Nordrhein-Westfalen an. Als Justizminister in den Jahren 1966 bis 1972 legte Josef Neuberger wesentliche Grundlagen für die Entwicklung eines modernen Strafvollzuges. Mit seinem Namen verbunden sind vor allem:
- Die grundlegende Verbesserung der Ausbildung der Vollzugsbediensteten - Die Errichtung der ersten sozialtherapeutischen Anstalten in NRW - Die Einführung des Einweisungsverfahrens - Die Verselbstständigung des Strafvollzuges durch Schaffung einer Strafvollzugsabteilung im Justizministerium und Errichtung der Justizvollzugsämter.
Nach seinem Rücktritt als Justizminister wirkte Josef Neuberger als Hochschullehrer an der Gesamthochschule Wuppertal.
Am 12.1.1977 verstarb Josef Neuberger in Düsseldorf, wo er auf dem jüdischen Friedhof seine letzte Ruhestätte fand.”
Seit 1991 verleiht die Jüdische Gemeinde Düsseldorf, in der Neuberger Mitglied, Vorsitzender des Gemeinderates sowie Vorstandsvorsitzender war, die Josef-Neuberger-Medaille an nichtjüdische Menschen, die sich um das jüdische Leben verdient gemacht haben.3
Das Portrait Dietrich Bonhoeffers.
“Dietrich Bonhoeffer Theologe und Widerstandskämpfer 1906–1945
Dietrich Bonhoeffer wird am 4.Februar 1906 in Breslau (heute: Wroclaw/Polen) geboren. Im Jahre 1923 beginnt er ein evangelisches Theologiestudium, legt 1928 sein erstes und 1930 sein zweites theologisches Staatsexamen ab. Seit 1931 lehrt Dietrich Bonhoeffer als Privatdozent an der Universität Berlin und ist Studentenpfarrer an der Berliner Technischen Hochschule. Von 1933 bis 1935 betreut er die deutsche evangelische Gemeinde in London-Syderham. Bonhoeffer wird 1935 von Vertretern der “Bekennenden Kirche”, die die NS-Rassenideologie als mit dem Christentum unvereinbar erklärt, gebeten, die Leitung des Predigerseminars in Zingst und Finkenwalde zu übernehmen. Obwohl er sich des damit verbundenen Risikos bewusst ist, folgt er diesem Ruf. Ein Jahr später wird ihm die Lehrerlaubnis für Hochschulen entzogen und 1937 wird die Schliessung des Finkenwalder Predigerseminars verfügt. Seine Arbeit setzt Bonhoeffer im Untergrund fort. 1940 wird das Predigerseminar zum zweiten Mal geschlossen und Bonhoeffer erhält Rede- und Schreibverbot. 1940 erhält Dietrich Bonhoeffer über seinen Schwager Hans von Dohnanyi Anschluss an den politisch-militärischen Widerstand um Admiral Wilhelm Canaris, der ihm im Amt Ausland/Abwehr im Oberkommando der Wehrmacht (OKW) beschäftigt. Als Vertrauensmann knüpft Bonhoeffer mit Hilfe seiner ökumenischen Kontakte Verbindungen zwischen den westlichen Regierungen und dem deutschen Widerstand. Am 5.April 1943 wird Dietrich Bonhoeffer von der Geheimen Staatspolizei (Gestapo) unter der Beschuldigung der Wehrkraftzersetzung verhaftet und ist bis 1945 Gefangener im Militärgefängnis Berlin-Tegel, im Berliner Gestapogefängnis in der Prinz-Albrecht-Strasse und im Konzentrationslager (KZ) Buchenwald. Am 8.April 1945 verschleppt ihn die “SS” in das KZ Flossenbürg, wo er am 9.April, einen Monat vor Kriegsende und kurz vor der Befreiung des Lagers, zum Tode verurteilt und am gleichen Tag hingerichtet wird.”
Ein Teil der Inschrift
Zur Einweihungsfeier erschien neben Vertreten von Kirche, Justiz und Stadtrat auch die Nichte Bonhoeffers, Renathe Bethge.4
Auf der Rückseite der Stele für Josef Neuberger wurde inzwischen eine Plexiglastafel mit einer Erklärung des Arbeitsfelds des Justizvollzugsschule angebracht.
Die Plexiglastafel. Undankbar für den Fotografen.
Update vom 27. Juni 2021: 2015 zog die Justizvollzugsschule von ihrem Standort auf der Hardt in einen Neubau auf das ehemalige Bundeswehr-Gelände in Ronsdorf, wo neben der Landesfinanzschule auch die JVA Ronsdorf entstanden ist. Das Neuberger-Denkmal befindet sich seitdem dort, während das Bonhoeffer-Denkmal neben der dem Abriss geweihten ehemaligen Justizvollzugsschule und vormaligen Pädagogischen Hochschule verblieben ist. Der Erinnerungskulturelle und künstlerische Zusammenhang wurde damit zerstört.5
Am 10. August 2007 enthüllte Superintendent Manfred Rekowski am Evangelischen Vereinshaus an der Kasinostraße eine Gedenktafel, die die Geschichte des Hauses erläutert. 1
Die Gedenktafel zur Erläuterung der Geschichte des Evangelischen Vereinshauses.
Die Tafel erklärt:
“1860 — 1912
Am Ort der historischen “Reitbahn”, die von 1828 bis 1824 als Theaterspielstätte diente, wurde am 29. August 1860 das erste Evangelische Vereinshaus eingeweiht. Die von einem Stiftungs-Kuratorium verwaltete Einrichtung widmete sich neben der Förderung des Gemeindelebens, evangelischer Vereinsaktivitäten und christlicher Geselligkeit vornehmlich sozialen Zwecken, z.B. der Versorgung
und Betreuung von Wandergesellen, alleinstehenden Frauen, Obdachlosen und armen Menschen unabhängig von ihrer Konfession.
ab 1912
Nach dem Abriss des alten Reitbahngebäudes entstand ein moderner und großzügiger Neubaukomplex, der im Mai 1912 eingeweiht wurde. Zu ihm gehörten eine Herberge, ein Gesellschaftshaus, ein Tagesrestaurant mit Wirtschaft sowie Konferenzräume und
mehrere Säle, die von Vereinen und Gesellschaften angemietet werden
konnten. Die beiden Obergeschosse wurden als Hotel genutzt.
1919 — 1926
Nach dem Ersten Weltkrieg (1914–1918) wurde das Evangelische Vereinshaus als Versammlungsort zu einem Zentrum demokratiefeindlicher Kräfte im Wuppertal. Dort trafen sich regelmäßig rechtsradikale, antisemitische und völkisch-nationale Organisationen. Führende Aktivisten und Unterstützer der Nationalsozialisten traten dabei als Redner auf: Joseph Goebbels, Erich Koch, Karl Kaufmann, Generalfeldmarschall von Mackensen, Alfred Hugenberg und Adolf Hitler, der 1922 und 1926 als Parteiredner im Vereinshaus gesprochen hat.
1921 — 1939
Von Ende 1921 bis November 1939 mietete die Staatliche Polizeiverwaltung die beiden oberen Etagen des Hauses und richtete dort das Polizeipräsidium Elberfeld-Barmen ein. Ab 1933 befand sich hier die lokale Außenstelle der Geheimen Staatspolizei. Für mehrere Jahre war dieser Ort nun der Ausgangspunkt der polizeilichen Verfolgung von politischen und religiösen Gegner des NS-Regimes, von Juden und anderen aus der “Volksgemeinschaft” ausgegrenzten Menschen. 1941/42 wurden im großen Vereinshaussaal Güter aus dem Besitz der deportierten Wuppertaler Juden öffentlich versteigert.
1939 — 1950
Ende 1939 beschlagnahmte die Wehrmacht das Gebäude. Nach der schweren Bombardierung Elberfelds im Juni 1943 wurde das kriegsbeschädigte Gebäude für die Städtischen Werke geräumt.
Von 1944 bis 1950 war der große Saal als Apollo-Lichtspieltheater eine beliebte Unterhaltungsstätte für die Wuppertaler Bevölkerung.
ab 1949
Seit 1949 dient das Vereinshaus wieder evangelischen Einrichtungen
als Domizil, u.a. dem Lutherischen und Reformierten Gemeindeamt,
der Landeskirchenmusikschule, Bibelkreisen und einer Altenspeisung. 1955 erfolgte schließlich die Umwandlung des Gebäudes in ein Altersheim. Im April 2006 konnte nach umfassenden Sanierungsarbeiten das Evangelische Vereinshaus als modernes Altenheim Kasinostraße eröffnet werden und kommt so auch heute wieder dem Stiftungszweck als soziale Einrichtung im Zentrum von Wuppertal nach.”
Am 16. Oktober 1886 wurde in Elberfeld in der Wohnung eines wenige Monate in der Stadt lebenden preußischen Eisenbahnbaurats ein Sohn geboren. Man gab ihm den Namen Armin Theophil Wegner. Die Wohnung befand sich in einem Haus in der damaligen Gustavstraße. 100 Jahre später, 1986, wurde an diesem Haus in der heutigen Von-der-Tann-Straße 10 eine Gedenktafel zur Erinnerung an die Geburt des Dichters angebracht. Um 18 Uhr enthüllte Bürgermeisterin Irmgard Wohlert in Anwesenheit von Familienangehörigen Wegners die 25x60cm große Bronzetafel, die in der Glocken- und Knustgießerei Petit & Gebr. Edelbrock gegossen worden war.
Die Gedenktafel für Armin T. Wegner am Haus Von-der-Tann-Straße 10.
Die Inschrift lautet:
“Geburtshaus von Armin T. Wegner
Geb. 16.10.1886 in Elberfeld, Gest. 17.05.1978 in Rom,
Eduard von der Heydt-Preisträger 1962
Dichter und unerschrockener Kämpfer
gegen das Unrecht.”
Am selben Abend wurde der Platz am City-Center in der Elberfelder Innenstadt in Armin‑T.-Wegner-Platz umbenannt und um 19.30 Uhr eröffnete Oberbürgermeisterin Ursula Kraus in der Stadtbibliothek eine Ausstellung zu Leben und Werk Wegners. Die Festrede zu diesem Anlass hielt derselbe Mann, der im Mai 1962 die Laudatio auf Träger des Eduard von der Heydt-Preises gehalten hatte, Dr. Hans Bender. 2008 wurde im Gymnasium Bayreuther Straße ein Büste Wegners aufgestellt.
Armin T. Wegner blieb nicht lange in seiner Geburtsstadt, nach drei Jahren wurde sein Vater nach Berlin versetzt. Später ging er in Breslau zur Schule, während dieser Zeit erschienen auch seine ersten Gedichte im Privatdruck. 1909 folgte dann der Gedichtband “Zwischen zwei Städten”. 1914 schloss er sein Jurastudium nach Stationen in Breslau, Zürich und Berlin mit einer Dissertation über den Streik im Strafrecht ab. Nach Ausbruch des Ersten Weltkriegs nahm er als kriegsfreiwilliger Krankenpfleger am Winterfeldzug in Polen und bis Herbst 1915 am Feldzug in der Türkei teil, wo er Zeuge des Völkermords an den Armeniern wurde. Dieses Erlebnis verarbeitete er in seinen expressionistischen Gedichten, Erzählungen und Reiseberichten und machte ihn zu einem Kämpfer gegen jedes Unrecht. 1919 berichtete er in einem offenen Brief an den US-Präsidenten Woodrow Wilson von seinen Erlebnissen und der Not der Armenier. In Reden und Aufrufen verurteilte er Unterdrückung und Krieg. So war es für ihn selbstverständlich, 1933 ein Protestschreiben gegen die Judenverfolgung an Adolf Hitler zu richten. Als Konsequenz wurde er im August 1933 verhaftet und gefoltert, seine Bücher verboten und verbrannt. Nach seiner Freilassung im Dezember des Jahres emigrierte er und lebte ab 1936 in Positano in Italien. Er erklärte, “nie mehr die Hände dieses Volkes zu berühren, die meinen jüdischen Brüdern und mir so Unausdenkbares angetan haben.”
Nach dem Zweiten Weltkrieg galt Wegner zunächst als verschollen. Im November 1948 las er bei einem deutschen Autorentreffen in Zürich erstmals wieder aus seinen Werken. 1956 erhielt er in Neapel das Bundesverdienstkreuz I. Klasse, 1962 den Eduard von der Heydt-Preis der Stadt Wuppertal. 1968 wurde er vom Staat Israel zu einem Gerechten unter den Völkern ernannt. Am 17. Mai 1978 starb er in Rom.1
Seit 2002 gibt es in Wuppertal die Armin‑T.-Wegner-Gesellschaft, 2003 wurde in Los Angeles die Armin‑T.-Wegner-Society of USA gegründet. Letztere stiftete zum 12, Geburtstag Wegners eine Büste, die im Gymnasium Bayreuther Straße aufgestellt wurde.