Gedenktafel zur Erinnerung an die nationalsozialistische Bücherverbrennung und Bibliothekssäuberung

Am 23. April des Jahres 2004, dem „UNESCO Welttag des Buches“, wurde von Bürgermeister Peter Jung – in Vertretung des Oberbürgermeisters Dr. Kremendahl1 – und Kulturdezernentin Marlis Drevermann2 an der Zentralbibliothek in der Kolpingstraße eine Gedenktafel („Denk-Zeichen“) zur Erinnerung an die nationalsozialistische Bücherverbrennung und „Säuberung“ der Bibliotheken enthüllt. Anwesend war als Vertreter der jüdischen Gemeinde auch Rabbiner Barruch Rabinowitz.3 Vorher hatte die Schauspielerin Judith Genske in einer literarischen Lesung unter anderem Texte von Heinrich und Thomas Mann, Kurt Tucholsky, Irmgard Keun, Else Lasker-Schüler und Armin T. Wegner vorgetragen.4 Zur Enthüllung erklärte Bürgermeister Peter Jung, Vernichtung von Literatur sei das Schlimmste, was einer Gesellschaft passieren könne. Die Besucher der Zentralbibliothek sollten daran erinnert werden, dass sie die Freiheit besäßen, an diesem Ort auszuleihen, was immer sie wollten.5


Die Gedenktafel

Unter zwei zeitgenössischen Bildern, die die Bücherverbrennung auf dem Brausenwerther Platz in Elberfeld und dem Rathausplatz in Barmen, sowie einen Bibliothekar bei der „Säuberung“ der Buchbestandes zeigen, erklärt die schlichte Tafel:

„Am 1.April inszenierten die Nationalsozialisten auf dem Rathausvorplatz in Barmen und am Döppersberg in Elberfeld öffentliche Bücherverbrennungen, die von Lehrern und Schülern der Wuppertaler Oberschulen organisiert und durchgeführt wurden. Die Stadtbibliothek Wuppertal war ab Frühjahr 1933 mehrmals Schauplatz nationalsozialistischer „Säuberungsaktionen“. Damit sollte die sogenannte „undeutsche“ Literatur aus den Büchereibeständen „ausgemerzt“ werden. Anfang 1936 wurden bei einer solchen Aktion mit Hilfe von „Schwarzen Listen“ mehr als 26.000 Bücher ausgesondert.
Der ideologische Hass und die Verbote richteten sich grundsätzlich gegen Autoren jüdischer Herkunft sowie gegen alle Schriftsteller, deren Werke die Ideen der Moderne verkörperten und die pazifistisch oder politisch links orientiert waren. Zu den verfolgten Intellektuellen gehörten u.a. Bertolt Brecht, Alfred Döblin, Sigmund Freud, Erich Kästner, Irmgard Keun, Heinrich und Thomas Mann, Erich Maria Remarque, Anna Saghers, Kurt Tucholsky und die Wuppertaler Autoren Else Lasker-Schüler und Armin T. Wegner.
Die Bücherverbrennungen und Bibliothekssäuberungen der Nationalsozialisten zielten auf die Zerstörung einer an Humanität und Aufklärung orientierten deutschen und europäischen Kultur. In ihrer Folge wurden zahlreiche Schriftsteller, Künstler, Journalisten und Publizisten geächtet, zur Emigration gezwungen, ermordet oder in den Selbstmord getrieben“
Die Stadt Wuppertal, im April 2004″

Bereits 1998 hatte die Else-Lasker-Schüler-Gesellschaft einen Antrag an den Stadtrat gestellt, auf dem Rathausvorplatz in Barmen eine Lichtinstallation des Münchner Künstlers Wolfram Kastner aufzustellen, um so an die Bücherverbrennung zu erinnern. Eine Mehrheit konnte man damit nicht für sich gewinnen.6 Am 12.Mai 2003 griff die PDS-Ratsfraktion das Thema erneut auf und stellte den Antrag, am Rathausvorplatz eine Gedenktafel anzubringen.7 Die FDP-Ratsfraktion beantragte am 9.Juli 2003 die Erstellung des Mahnmals, welches die Else-Lasker-Schüler-Gesellschaft 1998 vorgeschlagen hatte. Es wird im Antrag so beschrieben:


 „Wir möchten den Vorschlag der Else-Lasker-Schüler-Gesellschaft e.V. aufnehmen und beantragen, den Text “Wo man Bücher verbrennt, verbrennt man auch Menschen” (Heinrich Heine) mitten in einem schwarzen Brandfleck auf eine bruchfeste Glasplatte vor dem Rathaus zu plazieren. Die Glasplatte soll von unten bei Dunkelheit beleuchtet werden, damit die Schrift im schwarzen Fleck noch besser sichtbar ist.“8

Am 24. September 2003 beschloss dann der Kulturausschuss einen Verwaltungsvorschlag zur Aufstellung einer Tafel an der Zentralbibliothek und lehnte die Anträge von PDS und FDP ab. Am 13.Oktober 2003 dürfte der Rat der Stadt Wuppertal der Empfehlung von Kultur- und Hauptausschuss gefolgt sein.9

Gedenkstein und Gedenkbaum für die in der Landesfrauenklink gestorbenen Kinder von Zwangsarbeiterinnen

Im Jahr 2000 gründeten die Bundesrepublik und die Stiftungsinitiative der deutschen Wirtschaft die Stiftung „Erinnerung, Verantwortung und Zukunft“ und statteten sie mit je 10 Milliarden DM aus, um ehemalige Zwangsarbeiter, die im Zweiten Weltkrieg von Deutschland ausgebeutet wurden, zu entschädigen. Im Rahmen dieser Maßnahme bekam das Archiv des Landschaftsverbands Rheinland, als rechtlicher Nachfolger der Provinzialverwaltung der preußischen Rheinprovinz den Auftrag entsprechende Dokumente zu sichten und die Namen der Zwangsarbeiter an die Nationalen Stiftungen, die die Verteilung der Gelder übernahmen, zu übersenden. Ca. 400 Namen wurden in den Dokumenten gefunden und weitergeleitet. Es stellte sich heraus, dass von ihnen noch 20 Personen in der Ukraine,  Weissrussland und Russland lebten. Lediglich aus der Ukraine erhielt der LVR eine Rückmeldung, von Frauen, deren Namen in den Geburts- und Operationsbüchern der damaligen Landesfrauenklinik Wuppertal verzeichnet waren. Heute gehört die Klinik zur „Stiftung der Cellitinnen zur hl. Maria“ und trägt seit 2012 den Namen St.-Anna-Klinik, nachdem sie von 1985 – 2011 Klinik Vogelsangstraße hieß. 1


2005 wurde Dr. Bettina Bouresh, wissenschaftliche Mitarbeiterin des Archivs, die sich bereits um die Recherche der Zwangsarbeiter gekümmert hatte, damit beauftragt, ein Besuchsprogramm für das Jahr 2006 vorzubereiten. Eine der Frauen, die Wuppertal besuchen wollten, bat darum das Grab ihres Sohnes sehen zu können, der als Säugling in Wuppertal verstarb. Das Grab konnte nicht gefunden werden und so machten sich der LVR, die Akademie für Gesundheitsberufe (AFG) als Nachfolgerin der Hebammenschule und die Klinik St. Anna Gedanken, wie man dem Wunsch des Gedenkens Rechnung tragen könnte. 2


Gedenkstein und Gedenkbaum vor der ehemaligen Landesfrauenklinik.

Am 20. März 2006 war es schließlich soweit: zwei ehemalige Zwangsarbeiterinnen (Lidiya Chygyra und Alina Morus3) und eine Tochter einer Zwangsarbeiterin, die in Wuppertal geboren wurde, (Ljuba Shewakino-Semenov Nikolaiewna4) kamen in Köln an und wurden vom LVR dort empfangen. Sie wurden von je einem Verwandten und die Gruppe wiederum von einem Mitarbeiter der Ukrainischen National Stiftung begleitet. Im Rahmen des 7-tägigen Besuchsprogramms besuchten sie am 22. und 23. März Wuppertal. Am ersten Tag wurden die ehemaligen Zwangsarbeiterinnen von Oberbürgermeister Peter Jung im Rathaus begrüßt, der betonte, dass man Schuld und Verantwortung für das, was den Frauen geschehen war, empfinde. Er bat um Versöhnung der beiden Länder. Anschließend trugen sich die Frauen ins Goldenen Buch der Stadt ein. Da die Gedenkstunde, und die Erwartung des Kommenden die Damen mitnahm, wurde kurzer Hand eine Untersuchung in der Klinik St. Antonius angeordnet, die ja ebenfalls zum Klinikverbund der „Stiftung der Cellitinnen zur hl. Maria“ gehört. Man empfahl angesichts hohen Blutdrucks eine Entspannungspause und nutzte diese zu einer Schwebebahnfahrt. Anschließend wurde es wieder ernst. Man besuchte das Gelände des ehemaligen Barackenlagers „In der Fleute“, wo heute eine Kleingartensiedlung zu finden ist. Eine der Zwangsarbeiterinnen, Lidiya Chygyra, hatte hier als 20jährige gelebt und für die Flugzeugfabrik Espenlaub in einem Tunnel Flugzeugteile gereinigt.  In der Nähe der Bahn-Unterführung Clausewitzstraße, in die junge Frau bei Bombenalarm Schutz suchte, war sie mit ihrem Sohn Viktor in einer Mutter-Kind-Baracke untergebracht, bis dieser vor ihren Augen starb und wie anderen verstorbene Säuglingen dort verscharrt wurde. Als 84jährige kehrte sie nun an den Ort zurück. In dieser Mutter-Kind-Baracke lebte auch auch Ljuba Shewakino-Semenov Nikolaiewna mit ihrer Mutter.
Danach besuchte man das Gelände an der Ronsdorfer Straße, wo Alina Morus nach der Geburt ihres Kindes als 15jähriges Mädchen gelebt hatte. Zuvor hatte sie in einer Seifensiederei in Düsseldorf arbeiten müssen.5Sie war bei ihrer Rückkehr nach Wuppertal gerade 79 Jahre alt geworden.6


Fotografie: Nicole Schäfer LVR-ZMB.

Am 23. März stand ein Besuch in der ehemaligen Landesfrauenklinik an, wo die Geschäftsführer Herr Kaufmann und Herr Breuckmann, sowie der Chefarzt Dr. Falbrede die Gäste begrüßten. Darauf folgte ein Rundgang durch die Geburtsstation, bevor man vor dem Gebäude an der Wiese zur Vogelsangstraße zur Einweihung des Gedenksteins schritt. Der Gedenkstein soll an alle in Wuppertal verstorbenen Kinder von Zwangsarbeiterinnen erinnern und natürlich auch an das verstorbene Kind von Lidiya Chygyra. In einer kleinen Zeremonie wurde der Gedenkstein enthüllt und der Baum gepflanzt, zu dessen Wurzeln die ehemalige Zwangsarbeiterin ein wenig ukrainischer Erde hinzufügte und deutsche Erde mit in ihre Heimat nahm.7


Fotografie: Nicole Schäfer LVR-ZMB.

Der Gedenkstein wurde von der damaligen Assistentin der Geschäftsleitung, Imbritt Neumann, mit einem abgewandelten chinesischen Sprichwort versehen:

„Denkst Du an ein Jahr,
dann säe ein Korn.
Denkst Du an ein Jahrzehnt,
dann pflanze einen Baum.
Denkst Du an ein Jahrhundert,
dann sorge für eine Zukunft
der Kinder.

Wuppertal, 23.März 2006“8


Die Inschrift

Die Kosten für den Gedenkstein und den Gedenkbaum (ein Cartaegus laevigata – Echter Rotdorn9) übernahm die Klinik St. Anna. 10

Nach dem Mittagessen folgte ein Gespräch zwischen den Zeitzeugen und Schülerinnen der Hebammenschule. Den Abschluss des Tages und des Besuches in Wuppertal bildeten ein Besuch in der Orthodoxen Kapelle der Klinik und anschließend ließ man blaue Luftballons mit Zukunftswünschen in den Himmel steigen.11
Im Anschluss an den Besuch der Zwangsarbeiter entstanden eine Ausstellung („Riss durchs Leben“), die seit dem 4.Dezember 2012 eine dauerhafte Heimat im Ganztagsgymnasium Johannes Rau gefunden hat, eine DVD und ein Buch über die Besuche des LVR in der Ukraine. Eine Internetseite über die Ausstellung „Riss durchs Leben“ ist Anfang Dezember 2012 online gegangen.
Zwei weitere Besuchsgruppen aus der Ukraine kamen im Juni 2009 und September 2010 nach Wuppertal und zur Klinik. In der Folge entstand zwischen dem Ganztagsgymnasium Johannes Rau und der Schule Nr. 10 in Chmelnyzkyj eine Partnerschaft zur Erforschung der Zwangsarbeit im Rahmen des Jugendforschungsprojektes „Gestern ist heute nicht vorbei. Morgen vielleicht.

Gedächtnisfenster zur Erinnerung an die Barmer Theologische Erklärung

Die Friedhofskirche an der Hochstraße.

Hoch oben in der Nordstadt, an den Friedhöfen der Hochstraße, steht die 1894-98 nach Plänen des Berliner Architekten Johannes Otzen erbaute Friedhofskirche. Die größte und eine der schönsten Kirchen Wuppertals verlor 1943 beim Luftangriff auf Wuppertal durch die Druckwellen der Detonationen ihre originalen Fenster der Glasmalerei Müller aus Quedlinburg. 1946 wurden sie zunächst durch verschiedenfarbiges Kathedralglas ersetzt, das einst als Provisorium gedacht war, aber dann doch 62 Jahre Bestand hatte. Erst 2008 konnte die Gemeinde zwei der sechs großen Rosettenfenster austauschen. In vier Jahren sammelten die 3300 Gemeindemitglieder dafür 120.000 Euro.1 Nach einem begrenzten Wettbewerb entschied man sich für den Wernigeroder Glaskünstler Günter Grohs, dessen Entwürfe die Glaswerkstatt Schneemelcher aus Quedlinburg ausführte. Für die Westseite, die zunächst angefertigt und 2008 angebracht wurde, gab die Evangelische Gemeinde Elberfeld-Nord die Themen „Helmut Hesse – ein Märtyrer aus der Gemeinde“ und „Theologische Erklärung von Barmen“ vor.2 Am 25.Mai 2008 wurden die neuen Fenster mit einem feierlichen Gottesdienst eingeweiht.3


Das Gedenkfenster zur Erinnerung an die Barmer Theologische Erklärung in der Elberfelder Friedhofskirche.

Die Barmer Theologische Erklärung wurde am 31. Mai 1934 von der Bekenntnissysnode in der Gemarker Kirche in Barmen verabschiedet. Die Bekenntnissysnode und ihre Erklärung war eine Reaktion auf die erfolgreichen Versuche der nationalsozialistischen „Deutschen Christen“ die evangelische Kirche zu übernehmen und auch hier das Führerprinzip einzuführen. Die Barmer Theologische Erklärung wurde vor allem vom Reformierten Karl Barth und dem Lutheraner Hans Asmussen geprägt. Sie lehnten den Anspruch der „Deutschen Christen“, in Adolf Hitler eine Offenbarung Gottes zu sehen, ab. Am 19. und 20. Oktober 1934 folgten in Berlin-Dahlem die zweite Bekenntnissysnode der Bekennenden Kirche, im Juni 1935 die dritte in Augsburg. Bei der vierten und letzten im Februar 1936 in Bad Oeynhausen war die Organisation der Bekennenden Kirche aufgrund inhaltlicher Differenzen kaum mehr vorhanden. 1936 protestierte die vorläufige Kirchenleitung noch in einer Denkschrift an Hitler gegen Entchristlichung, Antisemitismus und Terrormaßnahmen, doch zur Reichspogromnacht am 9.November 1938 schwieg sie. Mit Beginn des Zweiten Weltkriegs wurden viele Mitglieder in den Untergrund gedrängt oder verhaftet, wie 1943 Helmut Hesse.4


Im Zentrum des Fensters steht die Inschrift:

„Jesus Christus ist
das Wort Gottes
das wir hören
dem wir im Leben
und sterben zu
vertrauen und zu
gehorchen haben.“


Die Zeilen stammen aus der ersten These der Barmer Theologischen Erklärung, die lautet:
Jesus Christus, wie er uns in der Heiligen Schrift bezeugt
wird, ist das eine Wort Gottes, das wir zu hören, dem wir im Leben und
im Sterben zu vertrauen und zu gehorchen haben.
Wir verwerfen die falsche Lehre, als könne und müsse die Kirche als
Quelle ihrer Verkündigung außer und neben diesem einen Worte Gottes auch noch andere Ereignisse und Mächte, Gestalten und Wahrheiten als Gottes Offenbarung anerkennen.“

Der Wortlaut der Barmer Theologischen Erklärung findet sich hier.


Detailaufnahme

Günter Grohs verzichtete bei der Gestaltung der Fenster bewusst auf die Bebilderung der Fenster und eine thematische Darstellung. Die Fenster zeigen Spuren und Wege, die der Betrachter selbst ergründen soll. Außerdem soll so eine dauerhafte Sprache gefunden werden, die folgenden Generation noch etwas zu sagen hat und nicht zeitgenössischen Moden unterliegt. So blieb zur Umsetzung der Thematik nur die Schrift als „zeitlose Botschaft“ im zentralen Quadrat, dass die Windeisen, die die Glasflächen stabiliseren, vorgeben. Begrenzt wird es auch von den senkrecht und horizontal verlaufenden Bahnen, die in die Ausläufer der Außenkreise münden und so mittlere und äußere Bereiche des Fensters verbinden. Die zwölf Außenkreise wiederum stoßen mit ihren schmalen  Friesen in den Mittelkreis vor, verflechten sich mit dem breiten farbigen Band und dies scheinbar unendlos, als Symbol für die Unendlichkeit, die Einheit von Anfang und Ende. 5


Das Gedächtnisfenster von unten

Am Werth unweit der Gemarker Kirche steht bereits seit 1984 ein Mahnmal zur Erinnerung an die Barmer Theologische Erklärung.

Im September 2009 wurden auch die Fenster an der Ostseite – zum Friedhof  – erneuert. Sie zeigen die Themen „Tod und Auferstehung“. Für dieSüdseite sind die Themen „Wort und Sakrament“ geplant.

Position des Denkmals auf der Karte


Gedächtnisfenster zur Erinnerung an Helmut Hesse

Die Friedhofskirche an der Hochstraße.

Hoch oben in der Nordstadt, an den Friedhöfen der Hochstraße, steht die 1894-98 nach Plänen des Berliner Architekten Johannes Otzen erbaute Friedhofskirche. Die größte und eine der schönsten Kirchen Wuppertals verlor 1943 beim Luftangriff auf Wuppertal durch die Druckwellen der Detonationen ihre originalen Fenster der Glasmalerei Müller aus Quedlinburg. 1946 wurden sie zunächst durch verschiedenfarbiges Kathedralglas ersetzt, das einst als Provisorium gedacht war, aber dann doch 62 Jahre Bestand hatte. Erst 2008 konnte die Gemeinde zwei der sechs großen Rosettenfenster austauschen. In vier Jahren sammelten die 3300 Gemeindemitglieder dafür 120.000 Euro.1Nach einem begrenzten Wettbewerb entschied man sich für den Wernigeroder Glaskünstler Günter Grohs, dessen Entwürfe die Glaswerkstatt Schneemelcher aus Quedlinburg ausführte. Für die Westseite, die zunächst angefertigt und 2008 angebracht wurde, gab die Evangelische Gemeinde Elberfeld-Nord die Themen „Helmut Hesse – ein Märtyrer aus der Gemeinde“ und „Theologische Erklärung von Barmen“ vor.2 Am 25.Mai 2008 wurden die neuen Fenster mit einem feierlichen Gottesdienst eingeweiht.3


Das Gedenkfenster für Helmut Hesse in der Friedhofskirche.

Der am 11. Mai 1916 in Bremen geborene Helmut Hesse wuchs in einem pietistischen Haushalt auf, sein Vater, Hermann Albert Hesse, war Pastor der Elberfelder Gemeinde und wohnte in der Alemannenstr. 40. Bereits während des Gymnasiums wurde ihm klar, dass der Nationalsozialismus und der christliche Glaube nicht zusammen gelebt werden konnten, auch wenn viele Christen der Zeit anderer Ansicht waren. Obwohl er naturwissenschaftlicht begabt war, entschied er sich wie schon seine drei Brüder zuvor 1935 für das Studium der Theologie. Bereits früh setzte sich Hesse für rassisch verfolgte Menschen ein und half ihnen, wo er konnte. Im Frühjahr 1940 legte er das erste Examen vor der Prüfungskommission der rheinischen Bekennenden Kirche ab. Nach dem Vikariat meldet er sich im September 1941 zum zweiten Examen, doch nach der Verhaftung der Berliner Prüfungskommission der Bekennenden Kirche stellte die rheinische ihre Arbeit ein. Helmut Hesse weigerte sich von dem Weg der Bekennenden Kirche und den Erklärungen von Barmen und Dahlem abzuweichen und geriet so nicht nur in Konflikt mit der Landeskirche, sondern auch mit der Bekennenden Kirche.


Detailaufnahme

Am 8.Juni 1943 wurde er zusammen mit seinem Vater verhaftet. In seiner letzten Ansprache zwei Tage zuvor hatte er erklärt:

„Als Christen können wir es nicht mehr länger ertragen, dass die Kirche
in Deutschland zu den Judenverfolgungen schweigt […] Sie darf nicht
länger versuchen, vor dem gegen Israel gerichteten Angriff sich selbst
in Sicherheit zu bringen. Sie muss vielmehr bezeugen, dass mit Israel
sie und ihr Herr Jesus Christus selbst bekämpft wird.“


Nach fünf Monaten in Einzelhaft, in der der an Niereninsuffizienz leidende
zum Skelett abmagerte, wurden Vater und Sohn am 13.November 1943 in das
KZ Dachau verlegt, wo Helmut Hesse in der Nacht auf den 24.November 1943
verstarb. 4


Im Zentrum des Fenster steht die Inschrift.

„Helmut Hesse
11.05.1916 Bremen
+ 24.11.1943 Dachau
Selig sind die um
Gerechtigkeit willen
verfolgt werden“

Die Seligpreisung stammt aus der Bergpredigt und findet sich bei Matthäus 5,10.


Günter Grohs verzichtete bei der Gestaltung der Fenster bewusst auf die Bebilderung der Fenster und eine thematische Darstellung. Die Fenster zeigen Spuren und Wege, die der Betrachter selbst ergründen soll. Außerdem soll so eine dauerhafte Sprache gefunden werden, die folgenden Generation noch etwas zu sagen hat und nicht zeitgenössischen Moden unterliegt. So blieb zur Umsetzung der Thematik nur die Schrift als „zeitlose Botschaft“ im zentralen Quadrat, dass die Windeisen, die die Glasflächen stabiliseren, vorgeben. Begrenzt wird es auch von den senkrecht und horizontal verlaufenden Bahnen, die in die Ausläufer der Außenkreise münden und so mittlere und äußere Bereiche des Fensters verbinden. Die zwölf Außenkreise wiederum stoßen mit ihren schmalen Friesen in den Mittelkreis vor, verflechten sich mit dem breiten farbigen Band und dies scheinbar unendlos, als Symbol für die Unendlichkeit, die Einheit von Anfang und Ende.5


Detailaufnahme

Im September 2009 wurden auch die Fenster an der Ostseite – zum Friedhof – erneuert. Sie zeigen die Themen „Tod und Auferstehung“. Für die Südseite sind die Themen „Wort und Sakrament“ geplant.


Position des Denkmals auf der Karte


Gedenktafel für die Vohwinkler Opfer des Nationalsozialismus

Am links im Bild zu sehenden Pfeiler hing die Gedenktafel von November 2011 bis Mai 2012.

Ende Januar 2012 entdeckte ich am mittleren Pfeiler der Schwebebahnstation Vohwinkel eine kleine metallene Gedenktafel, die an die Vohwinkler Opfer des Nationalsozialismus erinnert. Erste Recherchen zum Hintergrund verliefen erfolglos. Die WSW wussten selbst nichts von der Gedenktafel, auch die Bezirksvertretung Vohwinkel war nicht informiert.1 Am 23.Mai 2012 entschied die Geschäftsführung der WSW die Gedenktafel zu entfernen, da sie ohne jede Kontaktaufnahme installiert worden war.2 Die einzige Spur, die von einer Gedenktafel in Vohwinkel berichtet, findet sich in einer Terminankündigung zu einer Demonstration am 9.November 2011 auf der Homepage des Antifa-Cafés Wuppertal. Dort heißt es:


„17:00 Uhr Kaiserstrasse/ Ecke Edith-Stein Strasse:
Gedenkkundgebung für die Vohwinkler NS-Opfer mit Gedenktafelenthüllung“3

Ob damit diese Gedenktafel gemeint ist, bleibt unklar. Die Schwebebahnstation findet sich nicht an der Kaiserstraße/Edith-Stein-Straße, sondern an der Vohwinkler Straße in Höhe der Einmündung der Rubensstraße. Alle weiteren Recherchen blieben erfolglos.


Die Gedenktafel.

Die Gedenktafel selbst verzeichnet unter der Inschrift:

„In Erinnerung an die Vohwinkler NS-Opfer“

24 Namen von Opfern der NS-Diktatur, darunter Juden, Euthanasie-Opfer, KZ-Häftlinge und Zwangsarbeiter. Wie diese Namen zustande kommen und ob die Liste vollständig ist, konnte auch nicht geklärt werden. Vergleicht man die Namen mit dem Gedenkbuch Wuppertal, fällt auf, dass z.B. die Zwangsarbeiterin Valentina Borisenko fehlt. Dafür findet sich zu Margarete Stricker im Gedenkbuch kein Eintrag. Die Tafel schließt mit dem Versprechen:

„Nichts und niemand ist vergessen!
9.November 2011“


Position des Denkmals auf der Karte


Mahnmal für Zwangsarbeiter der Reichsbahn in Langerfeld

Mahnmal für die Zwangsarbeiter der Reichsbahn in Langerfeld.

Im Jahr 1999 initiierte Pfarrer Uwe Leicht von der evangelischen Gemeinde Langerfeld zusammen mit der katholischen Gemeinde St. Raphael / St. Paul eine Arbeitsgruppe, die sich mit der Geschichte der Zwangsarbeiter in Langerfeld beschäftigte. Ausgangspunkt waren die Ehrengräber auf dem katholischen Friedhof Zu den Dolinen. Die Arbeitsgruppe wertete die Gefallenen-Liste des Friedhofs aus dem katholischen Friedhofsamt aus, befragte Zeitzeugen, recherchierte im Stadtarchiv und im Archiv des Bürgervereins Langerfeld und sichtete die zur Verfügung stehende Literatur. Bereits im folgenden Jahr fand eine erste ökumenische Gedenkfeier, als „Sühnetag“ bezeichnet, auf dem Friedhof statt.1
Als am 6. Mai 20012 mehrere ehemalige Zwangsarbeiter, die im Zweiten Weltkrieg in Langerfeld „beschäftigt“ waren, den östlichsten Wuppertaler Stadtteil besuchten, gedachten auch sie den verstorbenen Zwangsarbeitern auf dem Friedhof. Außerdem besuchten sie das Gelände der Firma Meinhardt-Reisen, auf deren Firmenstandort unweit des Friedhofs während des Zweiten Weltkriegs ein Barackenlager für Zwangsarbeiter der Reichsbahn angelegt worden war. 102 Frauen und vier Männer waren hier untergebracht.3


Das Mahnmal am ehemaligen Eingang des Lagers im Januar 2012.

Der Firmenhaber, Harro Meinhardt, hatte bereits bei dem Bezug des Geländes 1960 durch seine Eltern von Nachbarn mehr über die Hintergründe des Geländes und die Schicksale einzelner Personen erfahren.4 Am 3. November 2002 fand eine ökumenischer Gedenkfeier in der Wagenhalle statt. Anschließend wurde am ehemaligen Eingang des Lagers ein Mahnmal eingeweiht, dass der Firmengründer selbst angelegt hatte. Danach zog man mit einer Lichterprozession zur Ehrengrabanlage auf dem Friedhof Zu den Dolinen.5


Die Gedenktafel

Das einfache Mahnmal besteht aus einigen Steinen und zwei in den Boden gerammten Schienenstücken. Darüber gibt eine am Zaun angebracht DIN-A4 große Gedenktafel, die von Pfarrer Leicht erstellt wurde, Auskunft:


„An dieser Stelle befand sich von 1941-1945
ein Barackenlager für Zwangsarbeiter.
Die 102 Frauen, 3 Männer aus Osteuropa und ein
Franzose wurden bei der Reichsbahn eingesetzt.

„Einen Fremden sollst du nicht
Ausnutzen oder ausbeuten, denn ihr selbst
seid in Ägypten Fremde gewesen.“
2.Mose 22,20

Ev. Kirchengemeinde Langerfeld
Kath. Kirchengemeinde St.Raphael / St.Paul.“


Darunter sind zwei Fotografien zu finden, von denen eine ehemalige Zwangsarbeiter „Auf Spurensuche“ im Mai 2001 im „Dicken Hain“ zeigt und die andere eine Baracke in der Fleute, die den Baracken zu den Dolinen ähnlich war.

Gedenksteine für Zwangsarbeiter und russische Kinder an der Ehrengrabanlage auf dem Friedhof Krummacher Straße

Einer der beiden Findlinge mit einer Bronzetafel an der Treppe zur Ehrengrabanlage.

Auf Anregung einer Privatperson brachte die Stadt Wuppertal im März oder April 2001 an der Ehrengrabanlage für russische, holländische und französische Zwangsarbeiter und russische Kinder auf dem evangelischen Friedhof Krummacher Straße weiße Aluminium-Schilder mit schwarzer Schrift an.


Eines der beiden Aluminium-Schilder, die von 2001 bis 2011 an der Ehrengrabanlage standen. Das Foto wurde freundlicherweise von Sandra Schelter zur Verfügung gestellt. Danke.

Im Zuge der Sanierung der Anlage vom November 2010 bis Februar 2011 wurden diese durch zwei Bronzetafeln auf Findlingen ersetzt.1 Außerdem wurden Wege- und Platzflächen neu gestaltet und wiederhergestellt, sowie die Bepflanzung erneuert und ergänzt. Die Mittel dazu in Höhe von rund 33.000 Euro stammten aus Landesmitteln. 127 Zwangsarbeiter sind auf der Ehrengrabanlage bestattet.2


Eine der Bronzetafeln

Die Inschrift der Bronzetafeln, die mit der der Aluminium-Schilder identisch ist, lautet:

„Gräberanlage
zur Erinnerung
an russische, holländische und französische
Zwangsarbeiter sowie russische Kinder,
die während des Zweiten Weltkriegs
in Wuppertal gestorben sind.“


Ansicht der Anlage

Die Grabstellen

Ein Grabstein

Ein Mehrpersonengrab

Position des Denkmals auf der Karte


Pater Victor Dillard-Gedenktafel an der Kirche St. Konrad

Nachdem bereits seit Januar 2002 eine kleine Gedenktafel im St. Josef-Krankenhaus an Pater Victor Dillard erinnert, folgte im August 2005 eine weitere an der Kirche St. Konrad auf Hatzfeld. Im Rahmen des katholischen Weltjugendtages in Köln wurde am 19.August 2005 vor einem Kreuzweg die Gedenktafel für Pater Victor Dillard eingeweiht.1 Zur Einweihung kam auch der Bischof von Dillards Heimatstadt Blois.2


Rechts neben dem Eingang von St.Konrad befindet sich die bronzene Gedenktafel.

Victor Dillard wurde am 24.Dezember 1897 in Blois (Département Loir-et-Cher) geboren. Im Alter von 12 Jahren besuchte er die Schule Notre-Dame des Aydes in Blois. Nachdem er im Ersten Weltkrieg als Soldat diente, trat er 1920 den Jesuiten bei. Studien zur den Wirtschaftswissenschaften führten den jungen Jesuiten nach Großbritannien, Österreich und Deutschland. Im Jahr 1931 zelebrierte er seine erste Messe in der Kapelle des Internats und Gymnasiums Notre-Dame des Aydes und arbeitete anschließend als Geistlicher in einem Haus des Ordens, wo er auch Studenten betreute. Außerdem betrieb er weiter seine Studien und traf im Weißen Haus in Washington den amerikanischen Präsidenten Roosevelt. Im Zweiten Weltkrieg wurde er wieder Soldat in der französischen Armee, wurde gefangen genommen und konnte fliehen.3Danach entschloss er sich angesichts des Aufrufs französischer Bischöfe zur Auslandsseelsorge 4, um damit seinen zur Zwangsarbeit nach Deutschland verschleppten Landsleuten zu helfen. Er nahm als Elektriker getarnt im Oktober 1943 5 einen Job bei der Wuppertaler Dampfkessel- und Apparatebaufabrik Siller & Jamart auf Hatzfeld6an. Hier führte auch der Kreuzweg am 19.August 2005 vorbei. Neben seiner Arbeit dort kommunizierte er mit französischen Kriegsgefangenen und feierte Gottesdienste, unter anderem in der Kapelle des Krankenhauses St.Josef. 7 Im April 1944 8 wurde er verraten und kam ins Polizeigefängnis Bendahl, wo er unter anderem mit Maria Husemann und Hans Carls in Kontakt kam. Am 12.November 1944 wurde er ins KZ Dachau gebracht, wo er am 12 Januar 1945 an einer Krankheit in Folge der Lagerbedingungen starb.9

Die am 19. August 2005 eingeweihte Gedenktafel aus Bronze wurde von der Lindlarer Bildhauerin Christiane Tyrell geschaffen, der Kontakt zum Auftraggeber Pfarrer Stein von St. Konrad (Pfarrverband Barmen-Nordost) kam über Pfarrer Uedelhoven zustande.


Die Gedenktafel für Victor Dillard.

Die Bronzetafel zeigt ein Relief des Paters, welches fast dreidimensional ausfällt. An der rechten Seite der ca. 45 cm hohen Tafel sind vier Symbole zu sehen. Die feingliedrige Pflanze symbolisiert die „geistige Beweglichkeit“ Dillards, der Kelch steht für die leidenschaftliche Ausübung des Priesteramtes, die Lüsterklemme für seine Arbeit als Elektriker auf Hatzfeld und das Kreuz für den Tod in Dachau.10

Unter dem Relief finden sich schlicht der Name „Père Victor Dillard“ und die Lebensdaten „* 24.12.1897 Blois + 12.1.1945 Dachau“.


Eine weitere Ansicht

Am 12. Januar 2006, dem 61.Todestag Dillards, wurde an der Schule Notre-Dame des Aydes ein Duplikat der Gedenktafel eingeweiht.

Pater Victor Dillard-Gedenktafel im St.Josef-Krankenhaus

Am 12. Januar 2002, dem 57.Todestag Victor Dillards, wurde an der Wand zur Hauskapelle im Krankenhaus St.Josef in Elberfeld eine kleine, einfache Gedenktafel für den Jesuiten-Pater Victor Dillard in Anwesenheit von Werner Zimmermann, dem Vorsitzenden des Pfarrgemeinderates St. Antonius, dem Barmer Dechant Günter Stein, Herbert Ottersbach und Schwester Oberin Hildegarde (sic!) angebracht.1

Victor Dillard wurde am 24. Dezember 1897 in Blois (Département Loir-et-Cher) geboren. Im Alter von 12 Jahren besuchte er die Schule Notre-Dame des Aydes in Blois. Nachdem er im Ersten Weltkrieg als Soldat diente, trat er 1920 den Jesuiten bei. Studien zur den Wirtschaftswissenschaften führten den jungen Jesuiten nach Großbritannien, Österreich und Deutschland. Im Jahr 1931 zelebrierte er seine erste Messe in der Kapelle des Internats und Gymnasiums Notre-Dame des Aydes und arbeitete anschließend als Geistlicher in einem Haus des Ordens, wo er auch Studenten betreute. Außerdem betrieb er weiter seine Studien und traf im Weißen Haus in Washington den amerikanischen Präsidenten Roosevelt. Im Zweiten Weltkrieg wurde er wieder Soldat in der französischen Armee, wurde gefangen genommen und konnte fliehen.2 Danach entschloss er sich angesichts des Aufrufs französischer Bischöfe zur Auslandsseelsorge (siehe Text der Gedenktafel), um damit seinen zur Zwangsarbeit nach Deutschland verschleppten Landsleuten zu helfen. Er nahm als Elektriker getarnt im Oktober 1943 (siehe Text der Gedenktafel) einen Job bei der Wuppertaler Dampfkessel- und Apparatebaufabrik Siller & Jamart auf Hatzfeld3 an. Neben seiner Arbeit dort kommunizierte er mit französischen Kriegsgefangenen und feierte Gottesdienste, unter anderem in der Kapelle des Krankenhauses St.Josef.4 Im April 1944 (siehe Text der Gedenktafel) wurde er verraten und kam ins Polizeigefängnis Bendahl, wo er unter anderem mit Maria Husemann und Hans Carls in Kontakt kam. Am 12.November 1944 wurde er ins KZ Dachau gebracht, wo er am 12 Januar 1945 an einer Krankheit in Folge der Lagerbedingungen starb.5


Die Gedenktafel für Pater Victor Dillard.

Die Gedenktafel im einfachen Bilderrahmen zeigt eine Fotografie des Priesters und einen längeren Text, der erklärt:

Die Inschrift

„In dieser Kapelle feierte
Pater Victor Dillard
am 10.Oktober  1943
seine erste heilige Messe in Wuppertal.

Geboren wurde er am 24.Dezember 1897 in Blois.
1920 trat er in den Jesuitenorden ein
und wurde 1931 zum Priester geweiht.
Sein besonderes Interesse galt der Jugendarbeit
sowie der sozialen Fragen.
Zahlreiche Reisen boten ihm die Möglichkeit,
andere Länder kennenzulernen.
Während des 2.Weltkrieges nahm er den Aufruf der
französischen Bischöfe zur Auslandsseelsorge an.
Er verschaffte sich gefälschte Papiere und ging
als „Elektriker“ nach Wuppertal.
So konnte er den französischen Fremdarbeitern nahe sein.
Neben seiner Tätigkeit als Elektriker betreute er seine Landsleute und
feierte mit ihnen in dieser Krankenhauskapelle und
in anderen Kirchen des Bergischen Landes Gottesdienste.
Einige Wochen wohnte er hier im St. – Josephs – Hospital.
Im April 1944 wurde er denunziert und kam ins
Gestapo-Gefängnis Bendahl.
Die Borromäerinnen des „Kapellchen“ sorgten auch dort
– so gut es möglich war – für ihn.
Am 12.November 1944 wurde Pater Dillard – schon zermürbt von der
monatelangen Haft – ins Konzentrationslager Dachau eingewiesen.
Dort ist er am 12.Januar 1945 gestorben.
Sein Leichnam wurde unter der Häftlingsnummer 134064 im
Krematorium verbrannt.“


Im August 2005 wurde an der Kirche St. Konrad sowie im Januar 2006 an der Schule Notre-Dame des Aydes in Blois im Rahmen des katholischen Weltjugendtages eine weitere Gedenktafel für Pére Dillard angebracht.

Position des Denkmals auf der Karte


Paul-Kreber-Gedenktafel

Dieser Eintrag wurde am 4. Juli 2012 mit Hilfe einer neuen Quelle (Michael Okroy, „… 8 Zigeunerfamilien aus der Siedlung abgeholt.“ Bruchstücke einer Verfolgungsgeschichte der Sinti und Roma aus Wuppertal, in: Karola Frings und Ulrich F. Opfermanmn (Hg.), Zigeunerverfolgung im Rheinland und in Westfalen 1933-1945. Geschichte, Aufarbeitung und Erinnerung, Paderborn 2012, S. 279-300.) überarbeitet. In dieser finden Interessierte auch Informationen zur Quellenproblematik.

Am 1. Dezember 2000 wurde im Polizeipräsidium Wuppertal eine gläserne Gedenktafel für den Polizeibeamten Paul Kreber eingeweiht. Jener hatte in der Zeit des Nationalsozialismus die Sinti-Familie Weiss und weitere Sintis vor der Deportation gerettet.1


Gedenktafel für den Polizisten Paul Kreber.

Paul Kreber wurde am 10. April 1910 im lothringischen Diedenhofen geboren und absolvierte von 1919 bis 1924 die katholische Volksschule in Barmen.2 Anfang der 1930er Jahre fand er eine Anstellung bei der Reichspost in der neuen Stadt Wuppertal, zuvor hatte einen mehrjährigen Militärdienst abgeleistet. Später (1939, 3) bewarb er sich bei der Polizei und wurde als Kriminal-Assistent-Anwärter eingestellt und 1941 als Beamter in den Erkennungsdienst übernommen. Hier wurde ihm die Überwachung und Kontrolle der in der NS-Ideologie als „rassische minderwertig“ angesehenen Sinti und Roma zugeteilt, die damals noch allgemein „Zigeuner“ genannt wurden.4

Die Familie Weiß war im Jahr 1939 aus Gelsenkirchen nach Wuppertal gekommen, wo Hugo Weiss direkt eine Anstellung fand und die jüngeren Söhne einen katholischen Kindergarten besuchten. Der neunjährige Paul Weiß absolvierte erfolgreich die Aufnahmeprüfung am Barmer Konservatorium. Die Herkunft der Familie als Sinti war nicht offensichtlich. Die Familien Weiss und Kreber lebten zunächst in der Nachbarschaft und so trafen sich Margarethe Kreber und Antonie Weiß zufällig beim Einkaufen. Hugo Weiss entschloss sich, zur Sicherung des Überlebens seiner Familie sich mit dem für „Zigeunerangelegenheiten“ zuständigen Kommissar „anzufreunden“. Aus dieser gezielten und zweckdienlichen Kontaktaufnahme erwuchs eine freundschaftliche Beziehung.5


Im Dezember 1942 befahl Reichsführer-SS Himmler die Deportation der noch im Reich befindlichen Sinti und Roma in das Vernichtungslager Auschwitz-Birkenau. Am 3. März 1943 kam dieser Befehl in Wuppertal zur Ausführung und neun Familien wurden per LKW aus städtischen Notunterkünften ins Gefängnis am Bendahl gebracht und von dort zum Bahnhof. Familie Weiss mit den Söhnen Paul, Johann, Arnold, Rigobert und Helmut war allerdings von der Deportationsliste gestrichen worden – vermutlich von Paul Kreber, der auch eine andere Familie warnte, sodass sie untertauchen konnte und anderen Ausländerpässe für das besetzte, aber weniger gefährdete Frankreich verschaffte.6 Kreber stellte den Weiss‘ ein gutes Leumundszeugnis aus, sodass man sich in Berlin dazu entschied, statt einer Deportation eine Zwangssterilisation durchzuführen. Die Bombenangriffe auf Wuppertal im Mai und Juni 1943 verhinderten dies jedoch. Antonie Weiss wurde mit den Kindern nach Thüringen evakuiert, während Hugo weiter in der kriegswichtigen Firma Espenlauhb arbeitete.7 Paul Kreber wurde ausgebombt und ließ sich nach Metz versetzen, wohin er die siebenköpfige Familie Weiss nachholte und ihnen eine Wohnung und eine Arbeit im einem Wanderzirkus verschaffte.8 Nach einer Denunziation wurde Hugo und Antonie Weiss von Kriminalpolizei verhaftet und in einem Straßburger Krankenhaus zwangssterilisiert.9 In den Kriegswirren verlor man sich aus den Augen – Paul Kreber wurde nach Wuppertal zurückversetzt – und traf sich 1946 wieder. Familie Weiss hatte fast alle Verwandte in Ausschwitz verloren.10 Die Familien sind bis heute eng befreundet11 und so ist es kein Wunder, dass Helmut, Paul und Johann Weiss bei der Einweihung der Gedenktafel zugegen waren und zusammen für Onkel Paul auf Geige, Klavier und Akkordeon musizierten.12


Auch nach dem Krieg setzte sich Paul Kreber unter anderem in Wiedergutmachungsverfahren für Sinti und Roma ein. 1966 schied er krankheitsbedingt aus dem Polizeidienst aus.13 Unter den Kollegen hatte er aufgrund seines freundschaftlichen Umgangs mit den Sinti und Roma den Spitznamen „Zigeuner Paul“, den er bereits zur NS-Zeit erhalten hatte, sodass der Mut dieses Mannes noch einmal höher einzuschätzen ist, da er sicherlich genau beobachtet wurde. 1988, ein Jahr vor seinem Tod, erhielt Paul Kreber auf Bestreben der Familie Weiss und des Zentralrats der Deutschen Sinti und Roma das Bundesverdienstskreuz für seinen Mut, die innerhalb des NS-Verfolgungsapparates vorhandenen Spielräume für humanes Handeln auch zu nutzen.14 Nachdem er lange Jahre in Beyenburg gelebt hatte, zog er 1984 an den Bodensee, wo er 1989 verstarb und in Wuppertal in Vergessenheit geriet.15

Als aber im Sommer 2000 eine Welle rechtsradikaler und rassistischer Gewalt einsetzte, begann man sich für Beispiele von Zivilcourage zu interessieren.16 Der Wuppertaler Historiker Michael Okroy, Mitarbeiter der Begegnungsstätte Alte Synagoge, war bereits auf die Taten von „Onkel Paul“ aufmerksam gemacht worden und initiierte nun die Stiftung einer Gedenktafel im Polizeipräsidium.17
Zur Einweihung erschienen nicht nur, wie bereits erwähnt, die Brüder Helmut, Johann und Paul Weiss, sondern auch Paul Krebers Tochter, die mit den Brüdern Weiss befreundet ist und Krebers Enkelin, sowie Michael Okroy, Oberbürgermeister Dr. Hans Kremendahl und der Hausherr, Polizeipräsident Klaus Koehler. Neben dem musikalischen Andenken erinnerte Johann Weiss in einer Ansprache an Paul Kreber.18


Die Gedenktafel von vorne.

Die Gestaltung der Gedenktafel oblag dem Bau- und Liegenschaftsbetrieb des Landes NRW, der auch die Kosten hierfür als Eigentümer des Gebäudes übernahm. Das Foto stammt von der Begegnungsstätte Alte Synagoge, die auch die Inschrift verfasste.19 Die Gedenktafel besteht aus Glas und zeigt ein stilisiertes Kreuz aus einer einfachen waagerechten Linie und einer senkrechten Doppellinie. Oben links ist ein Foto Paul Krebers zu sehen, darunter sein Name und das Geburts- und Sterbejahr. Unten rechts findet sich die Inschrift:


Die Inschrift.

            „Paul Kreber

war von 1940 bis 1943
beim Erkennungsdienst der
Kriminalpolizei im
Polizeipräsidium Wuppertal
tätig.

Unter Einsatz seines Lebens
und des seiner Familie be-
wahrte er im Frühjahr 1943
mehrere Wuppertaler Sinti-
Familien vor der Deportation
in das Vernichtungslager
Auschwitz-Birkenau, indem er
Befehle nicht ausführte, Ver-
stecke beschaffte und den
Verfolgten zur Flucht ver-
half.

1988 wurde Paul Kreber auf
Vorschlag des Zentralrats
der deutschen Sinti und Roma
das Bundesverdienstkreuz
verliehen.

Sein ausserordentlich mutiges
Handeln soll uns allen zum
Vorbild für Zivilcourage und
Menschlichkeit dienen.“


Am selben Tag wurde im gleichen Flur eine Gedenktafel für im Dienst gestorbene Polizisten der Öffentlichkeit ohne Zeremonie übergeben. Sie ist eine Reaktion auf Kritik aus den Reihen der Polizei, dass nun zwei Tafeln an die NS-Zeit erinnern und mahnen, aber die jüngere Geschichte der Polizisten vergessen werde.