Johann-Heinrich-Jung-Stilling-Büste

Am 3. Februar 1929 wurde das neue Gebäude der Elberfelder Stadtbücherei – die heutige Zentralbibliothek – in der Kolpingstraße eingeweiht. Aus diesem Anlass stifteten Frau Geheimrätin C.A. Jung und die Herren Rudolf und Werner von Baum, Willi Schniewind und die Fa. Schlieper und Baum eine Büste des Schriftstellers, Wissenschaftlers und Augenarztes Johann Heinrich Jung-Stilling, die vom bekannten Bildhauer Ernst Müller-Blensdorf gestaltet wurde.1


Die Jung-Stilling-Büste auf der obersten Etage der Zentralbibliothek – von den Mitarbeitern mit einem Schal versehen.

Johann Heinrich Jung wurde am 12. September 1740 im Siegerland geboren und arbeitete nach seiner Konfirmation als Dorfschullehrer und Schneider in der väterlichen Werkstatt. Im Alter von 22 Jahren ging er als Kaufmannsgehilfe nach Kräwinklerbrücke im Bergischen Land, 7 Jahre später begann er ein Studium der Medizin in Straßburg, wo er Johann Wolfgang Goethe und Johann Gottfried Herder kennen lernte. Anschließend ließ er sich als Augenarzt in Elberfeld nieder und betätigte sich als Autor von Fachaufsätzen technischer und ökonomischer Art, sodass er ab 1778 als Professor für Landwirtschaft, Technologie, Fabriken- und Handelskunde sowie Vieharzneikunde an der Kameral-Hochschule in Lautern lehrte. Mit der „Geschichte des Herrn von Morgenthau“ begann 1779 seine schriftstellerische Karriere, die er auch an seinen weiteren Lehrstühlen in Heidelberg (1787-1803) und Marburg (1803-1806) und Karlsruhe (ab 1806) verfolgte. Warum er sich „Jung-Stilling“ nannte, ist nicht geklärt. Johann Heinrich Jung, genannt Jung-Stilling, verstarb am 2. April 1817 in Karlsruhe.2


Die Signatur von Ernst Müller-Blensdorf an der linken Seite, die erkennen lässt, dass die Büste im Jahr 1928 entstand.

Die kleine Plakette an der Vorderseite des Podestes ist leider beschädigt und zum Teil unlesbar. Sie erklärt:

„Heinrich Jung-Stilling
1740 – 1817
lebte zeitweilig als Augenarzt in Elberfeld
Er stand mit Goethe in freundschaftlicher Verbindung
und gründete im Anschluß [an einen] Besuch
1775 die „Erste Elberfelder [Lese-Gesellschaft]“


Damit bezieht sich die Plakette auf die im Anschluss an einen Besuch Goethes, Lavaters, Samuel Collenbuschs und Heinses beim Elberfelder Kaufmann Caspary, dem auch Jung-Stilling beiwohnte, gegründete Erste Lesegesellschaft. Sie war eine der ersten aufklärerische bürgerliche Vereinigung im Rheinland, Jung-Stilling wurde die Ehre zuteil die Eröffnungsrede zu halten.


Position des Denkmals auf der Karte


Figurenschmuck am Haupteingang der Stadtbibliothek

Die Figuren über dem alten Portal der Stadtbücherei.

Am 3. Februar 1929 wurde das neue Gebäude der Elberfelder Stadtbücherei – die heutige Zentralbibliothek – in der Kolpingstraße eingeweiht. Aus diesem Anlass veröffentlichte der Leiter der Einrichtung, Dr. Wolfgang van der Briefe, eine Festschrift, in der Stadtbaurat Koch die Baugeschichte des Gebäudes beschreibt. Der plastische Schmuck, der vom Düsseldorfer Bildhauer Leopold Fleischhacker geschaffen wurde, wird von Koch wie folgt beschrieben:


Eine der beiden Figuren.

„Reichere Ausbildung erfuhr der Haupteingang in der Kasinogartenstraße [heute Kolpingstraße, Anm.] mit bildnerischem Schmuck in Gestalt zweier Figuren, die die geistigen Pole einer Bücherei symbolisch umschreiben und Dichtung und Wissen darstellen. In den schräggestellten Türleibungen befinden sich acht verschiedene Reliefs mit humorvollen Sinnbildern, die mit Beispielen aus der Tierwelt menschliche Züge und Schwächen der Herren Gelehrten und Literaten verspotten. Glauben wir nicht hie und da sogar Bekannte in den Tiersymbolen zu erblicken: Da sitzt auf einsamen Horst der Adler als Philosoph, erhaben über Erde und Menschheit; und dort spreizt sich selbstbewußt und Eitel der Pfau; der Fuchs, der listige Streber, dem die Trauben aber zu hoch hängen, ist uns auch ebensowenig unbekannt wie der aufgeblasene Frosch, der noch dazu gern alles aus aus der Sumpfperspektive beurteilt. Auch der Affe fehlt nicht, der erst im Spiegel sein unschönes Eigenbild erkennen muß, und der naschhafte Bär, der den fleißigen Bienen den Honig stiehlt. Dort tummelt sich gar ein junger Esel und kommt in seinem Übermut fast zu Fall, und da läßt es sich der Hamster wohl sein bei gutem Korn, das er nicht gesät, aber emsig eingeheimst hat.“


Die andere Figur.

Der Wuppertaler Bildhauer Erich Cleff fertigte außerdem die Kapitalformen der Pilaster und die Medallions zwischen den Fenstern der Hauptgeschosse.1


Die Reliefs der rechten Portalseite.

Die Reliefs an der linken Portalseite.

Position des Kunstwerke auf der Karte


Gedenktafel zur Erinnerung an die nationalsozialistische Bücherverbrennung und Bibliothekssäuberung

Am 23. April des Jahres 2004, dem „UNESCO Welttag des Buches“, wurde von Bürgermeister Peter Jung – in Vertretung des Oberbürgermeisters Dr. Kremendahl1 – und Kulturdezernentin Marlis Drevermann2 an der Zentralbibliothek in der Kolpingstraße eine Gedenktafel („Denk-Zeichen“) zur Erinnerung an die nationalsozialistische Bücherverbrennung und „Säuberung“ der Bibliotheken enthüllt. Anwesend war als Vertreter der jüdischen Gemeinde auch Rabbiner Barruch Rabinowitz.3 Vorher hatte die Schauspielerin Judith Genske in einer literarischen Lesung unter anderem Texte von Heinrich und Thomas Mann, Kurt Tucholsky, Irmgard Keun, Else Lasker-Schüler und Armin T. Wegner vorgetragen.4 Zur Enthüllung erklärte Bürgermeister Peter Jung, Vernichtung von Literatur sei das Schlimmste, was einer Gesellschaft passieren könne. Die Besucher der Zentralbibliothek sollten daran erinnert werden, dass sie die Freiheit besäßen, an diesem Ort auszuleihen, was immer sie wollten.5


Die Gedenktafel

Unter zwei zeitgenössischen Bildern, die die Bücherverbrennung auf dem Brausenwerther Platz in Elberfeld und dem Rathausplatz in Barmen, sowie einen Bibliothekar bei der „Säuberung“ der Buchbestandes zeigen, erklärt die schlichte Tafel:

„Am 1.April inszenierten die Nationalsozialisten auf dem Rathausvorplatz in Barmen und am Döppersberg in Elberfeld öffentliche Bücherverbrennungen, die von Lehrern und Schülern der Wuppertaler Oberschulen organisiert und durchgeführt wurden. Die Stadtbibliothek Wuppertal war ab Frühjahr 1933 mehrmals Schauplatz nationalsozialistischer „Säuberungsaktionen“. Damit sollte die sogenannte „undeutsche“ Literatur aus den Büchereibeständen „ausgemerzt“ werden. Anfang 1936 wurden bei einer solchen Aktion mit Hilfe von „Schwarzen Listen“ mehr als 26.000 Bücher ausgesondert.
Der ideologische Hass und die Verbote richteten sich grundsätzlich gegen Autoren jüdischer Herkunft sowie gegen alle Schriftsteller, deren Werke die Ideen der Moderne verkörperten und die pazifistisch oder politisch links orientiert waren. Zu den verfolgten Intellektuellen gehörten u.a. Bertolt Brecht, Alfred Döblin, Sigmund Freud, Erich Kästner, Irmgard Keun, Heinrich und Thomas Mann, Erich Maria Remarque, Anna Saghers, Kurt Tucholsky und die Wuppertaler Autoren Else Lasker-Schüler und Armin T. Wegner.
Die Bücherverbrennungen und Bibliothekssäuberungen der Nationalsozialisten zielten auf die Zerstörung einer an Humanität und Aufklärung orientierten deutschen und europäischen Kultur. In ihrer Folge wurden zahlreiche Schriftsteller, Künstler, Journalisten und Publizisten geächtet, zur Emigration gezwungen, ermordet oder in den Selbstmord getrieben“
Die Stadt Wuppertal, im April 2004″

Bereits 1998 hatte die Else-Lasker-Schüler-Gesellschaft einen Antrag an den Stadtrat gestellt, auf dem Rathausvorplatz in Barmen eine Lichtinstallation des Münchner Künstlers Wolfram Kastner aufzustellen, um so an die Bücherverbrennung zu erinnern. Eine Mehrheit konnte man damit nicht für sich gewinnen.6 Am 12.Mai 2003 griff die PDS-Ratsfraktion das Thema erneut auf und stellte den Antrag, am Rathausvorplatz eine Gedenktafel anzubringen.7 Die FDP-Ratsfraktion beantragte am 9.Juli 2003 die Erstellung des Mahnmals, welches die Else-Lasker-Schüler-Gesellschaft 1998 vorgeschlagen hatte. Es wird im Antrag so beschrieben:


 „Wir möchten den Vorschlag der Else-Lasker-Schüler-Gesellschaft e.V. aufnehmen und beantragen, den Text “Wo man Bücher verbrennt, verbrennt man auch Menschen” (Heinrich Heine) mitten in einem schwarzen Brandfleck auf eine bruchfeste Glasplatte vor dem Rathaus zu plazieren. Die Glasplatte soll von unten bei Dunkelheit beleuchtet werden, damit die Schrift im schwarzen Fleck noch besser sichtbar ist.“8

Am 24. September 2003 beschloss dann der Kulturausschuss einen Verwaltungsvorschlag zur Aufstellung einer Tafel an der Zentralbibliothek und lehnte die Anträge von PDS und FDP ab. Am 13.Oktober 2003 dürfte der Rat der Stadt Wuppertal der Empfehlung von Kultur- und Hauptausschuss gefolgt sein.9