Toelleturm

Eine Post­kar­te mit Flo­ra und Toel­le­turm. Samm­lung His­to­ri­sches Zen­trum, 020/12/91 (aus der Samm­lung Rinke)

Im März 1887 stell­te die Fami­lie des im Okto­ber 1886 ver­stor­be­nen Fabri­kan­ten Lud­wig Ernst Toel­le dem Bar­mer Ver­schö­ne­rungs­ver­ein 15.000 Mark zur Ver­fü­gung, damit der Ver­ein einen Aus­sichts­turm errich­ten konn­te. Lud­wig Ernst Toel­le war Inha­ber einer “Fabrik gum­mi-elas­ti­scher Waa­ren, wie Hosen­trä­ger, Strumpf­gür­tel etc., Kor­del, u. Lit­zen, Ban­da­gen­stof­fe”, die an der Loher Stra­ße Nr. 9 behei­ma­tet war. Seit 1874 war Stadt­ver­ord­ne­ter der Stadt Bar­men und in die­ser Funk­ti­on Mit­glied zahl­rei­cher Kom­mis­sio­nen, der Spar­kas­sen­ver­wal­tung, der Han­dels­kam­mer und des Gewer­be­ge­richts. Sei­ne Ehren­äm­ter übte er mit gro­ßer Hin­ga­be und Gewis­sen­haf­tig­keit aus. Sein hohes Anse­hen bei sei­nem Mit­bür­gern ver­dank­te er außer­dem sei­nem anre­gen­den Humor, sei­ner Lau­ter­keit und der “Güte sei­nes Wesens”.1 Die Idee zur Errich­tung eines Aus­sichts­turms kam ihm angeb­lich bei einem sei­ner zahl­rei­chen Spa­zier­gän­ge auf den Bar­mer Süd­hö­hen, bei dem ihm die wei­te Aus­sicht auf­fiel, da die Bäu­me dort damals noch nicht so hoch stan­den wie heu­te.2


Foto­gra­fie einer Post­kar­te mit Toel­le-Turm und Flo­ra. Samm­lung His­to­ri­sches Zen­trum, 020/12/27

Am 29.April 1888 — es war ein Sonn­tag — wur­de der Turm der Bevöl­ke­rung über­ge­ben. Gegen ein Ent­geld von 10 Pfg. konn­ten die ers­ten Bür­ger auf 144 Stu­fen den 26 Meter hohen Turm bestei­gen. 600 Men­schen bestie­gen am ers­ten Tag das neue Bau­werk, an den fol­gen­den Pfingst­ta­gen waren es über 4600. Die bis heu­te phä­no­me­na­le Weit­sicht soll damals bis zum Köl­ner Dom gereicht haben, heu­te reicht sie in Rich­tung Wes­ten bis zum Fern­seh­turm in Düs­sel­dorf,  im Nor­den bis zum Lan­gen­ber­ger Sen­der und im Süden bis zum Rem­schei­der Rat­haus und dem Waterbölles.

Eine Gedenk­ta­fel aus Mar­mor Gra­nit erin­nert im Ein­gangs­be­reich an den Stifter:


Die Gedenk­ta­fel für Lud­wig Ernst Toelle.

Die Inschrift lautet:

“Die­ser Aus­sichts­turm wurde
im Jah­re 1887 gebaut und gestiftet
zum Eigen­tum des
Bar­mer Verschönerungs-Vereins
in Erin­ne­rung an
Lud­wig Ernst Toelle
1822–1886
von des­sen Familie”

In den fol­gen­den Jah­ren wur­de der Turm zum stadt­bild­prä­gen­den Sym­bol des Bar­mers Südens und des Vil­len­vier­tels, das rund um den Toel­le­turm ent­stand. Er wur­de durch sei­ne direk­te Anbin­dung an die 1959 still­ge­leg­te Bar­mer Berg­bahn und das nahe Luft­kur­haus, wel­ches im Zwei­ten Welt­krieg zer­stört wur­de, Anzie­hungs­punkt für Bar­mer und Elber­fel­der. Im Ers­ten Welt­krieg wur­de hier eine Patrouil­le mit einem Unter­of­fi­zier und sechs Mann sta­tio­niert, die auf dem Turm nach feind­li­chen Flie­gern Aus­schau hielten.


Der Toel­le­turm auf einer Foto­gra­fie, die nach dem 21.August 1929 ent­stan­den ist, dem Tag der Ein­wei­hung des Brun­nens im Vor­der­grund. Samm­lung His­to­ri­sches Zen­trum, 020/12/18

 1950 muss­te der Turm zum ers­ten Mal restau­riert wer­den, bereits 1969 erfolg­te die nächs­te Sanie­rung, da die Stand­fes­tig­keit nicht mehr gege­ben war. Der Turm blieb nun für Besu­cher geschlos­sen. 1977 wur­de das Gelän­de wegen Bau­fäl­lig­keit des Turms abge­sperrt. Mit Hil­fe einer 150.000 DM Spen­de von Bür­gern, Fir­men und der Spar­kas­se3, die allein 120.000 DM bei­steu­er­te4 konn­te der Turm 1978 wie­der instand gesetzt und geöff­net wer­den. Anfang 1988 — zu sei­nem 100.Geburtstag — ent­deck­te man erneut gra­vie­ren­de Män­gel und ein Abriss schien unver­meid­lich. Doch ein Bau­gut­ach­ten von Cars­ten Lan­glie, Pro­fes­sor für Bau­tech­nik an der Ber­gi­schen Uni­ver­si­tät, erklär­te eine Ret­tung für mög­lich und bezif­fer­te die Kos­ten auf 600.000 bis 700.000 DM. Die­se Sum­me konn­te durch Spen­den der Wup­per­ta­ler Bür­ger auf­ge­bracht wer­den und Sep­tem­ber 1989 konn­ten die Arbei­ten begin­nen. Die Dach­de­cker-innung ver­sprach, die Dach­ar­bei­ten kos­ten­los aus­zu­füh­ren. Auf Barmen2008.de wer­den die Restau­rie­rungs­maß­nah­men beschrieben:


Der Toel­le­turm im Jahr 2011.

“Um den tech­ni­schen Ablauf der Restau­rie­rung ver­ste­hen zu kön­nen, muß man wis­sen, daß der Toel­le­turm am Fuße einen Durch­mes­ser von 7,70 Meter und oben von 5.14. Meter hat und zwei­scha­lig gemau­ert wor­den ist. Den  Zwi­schen­raum bil­det eine Art Cyklo­pen­mau­er aus unbe­haue­nem Stein und unge­rich­te­ten Fugen, teils offen und ohne Mör­tel. Im Win­ter konn­te Was­ser in das Mau­er­werk ein­drin­gen und der jähr­li­che Frost hat­te “spren­gen­de Wir­kung”. Zunächst locker­te er das Mau­er­werk, zuletzt drück­te er es nach Außen. Kos­me­ti­sche Arbei­ten, wie ein Jahr­zehnt zuvor, zum Bei­spiel durch aber­ma­li­ges Ver­fu­gen, hät­ten am Grund­übel nichts geän­dert, zumal die Platt­form nicht voll­stän­dig dicht war. Die Ana­ly­se wur­de erst durch Kern­boh­run­gen mög­lich und das inne­re Mau­er­werk sicht- und prüf­bar. Die Exper­ten kamen zu der Mei­nung, daß die inne­re Scha­le mit einer Dicke von 30 bis 60 Zen­ti­me­ter intakt und trag­fä­hig sei. So wur­de denn die voll­stän­di­ge Sanie­rung “nur” der Außen­haut durch­ge­führt. Abschnitts­wei­se wur­de die schad­haf­te Außen­mau­er unter Mit­hil­fe von Was­ser­druck abge­tra­gen und eine Spritz­be­ton­schicht als Feuch­tig­keits­sper­re auf­ge­bracht. Anschlie­ßend erhielt der Turm­schaft eine Umhül­lung und Stüt­ze aus Stahl­be­ton­rohr. Ein guter Teil der abge­ris­se­nen Bey­en­bur­ger Grau­wa­cke wur­de als äuße­re Ver­blen­dung, sprich “Man­tel”, wie­der­ver­wen­det, ergäntz durch neue Stei­ne. Die­se Vor­mau­er­scha­le hat eine 24 Zen­ti­me­ter dicke Hin­ter­lüf­tung. Nach der Fer­tig­stel­lung hat­te der Turm die glei­chen Außen­ab­mes­sun­gen wie beim Neu­bau. Zur Sanie­rung gehör­ten außer­dem das Frei­le­gen des inne­ren Mau­er­werks, die Ent­fer­nung des Dacu­haustie­ges, Rekon­struk­ti­on der gesam­ten Aus­sichts­platt­form, Erneue­rung der Außen­trep­pe und des Umlau­fes, Über­ar­bei­tung aller Eisen­tei­le, Anschlüs­se für Strom und Was­ser, Gar­ten­ar­bei­ten um den Turm her­um.“5

Seit dem 11.August 1990 steht der Turm den Besu­chern an jedem Sonn- und Fei­er­tag wie­der zur Ver­fü­gung.6 950.000 DM waren dafür aus­ge­ge­ben wor­den, 150.000 DM davon stamm­ten vom Land NRW.7 Zur Erin­ne­rung an die Sanie­rung wur­de über der Gedenk­ta­fel für Lud­wig Ernst Toel­le eine Glas­plat­te mit fol­gen­der Inschrift angebracht:

Die Sanie­rung des Toelleturmes
im Jah­re 1990 wur­de durch groß-
zügi­ge Spen­den Wup­per­ta­ler Bürger
und mit Hil­fe von Stadt und Land
ermöglicht”


Die zwei­te Gedenk­ta­fel erin­nert an die Sanie­rung, ebenso…

.. die Inschrift über dem Eingang.

Die­se Schei­be bie­tet den Besu­chern auf dem Turm Orientierung.

Blick auf Bar­men. (Ein Klick auf das Bild macht es größer.)

Blick auf Elber­feld. (Ein Klick auf das Bild macht es größer.)